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Weindl, Andrea *
Dr. Andrea Weindl, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DFG-geförderten Projekt »Europäische Friedensverträge der Vormoderne - online« (Institut für Europäische Geschichte, Mainz)



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Das universale Vermächtnis des Westfälischen Friedens - Europäischer Frieden und außereuropäische Welt [1]
Vortrag gehalten am 24.10.2008 auf dem Workshop »Pax Perpetua… Neuere Forschungen zum Westfälischen Frieden« des IKFN Osnabrück.


ISSN: 1867-9714

Gliederung:
1. Einleitung
2. Nicht-Europäer in europäischen Vertragswerken
3. Verträge mit Portugal und Spanien
4. Verträge mit den Niederlanden
5. Vereinbarungen zu Übersee als Motor für das politische Beziehungsgeflecht Europas
6. Schlussbetrachtung

Anmerkungen
Zitierempfehlung

Text:

1. Einleitung

Mit einigem Recht gilt der Westfälische Frieden als Grundlage einer Neuordnung Europas. Zwar konnten auch die Friedensschlüsse von Münster und Osnabrück nicht immer neue Kriegshandlungen verhindern, doch lange Zeit bildeten die Abmachungen des Friedens feste Referenzpunkte in den Beziehungen der europäischen Staaten und Herrschaften zueinander und wurden nach erneuten Waffengängen immer wieder in Geltung gesetzt.[2]

Zum sich verändernden normierenden Charakter des Westfälischen Friedens Vgl. STEIGER, Grundgesetz für Europa? 1998, S. 55–66.
Anlässlich der 350-Jahr Feierlichkeiten um 1998 ist darüber hinaus richtigerweise festgestellt worden, dass das in Westfalen seinen Ausgang nehmende jus publicum europaeum „Wurzelboden“[3]
SCHILLING, Der Westfälische Friede [1997], S. 54. und „Wegmarke“ Duchhardt, Münster und der Westfälische Friede [1997], S. 31.
eines entstehenden globalen Völkerrechts gewesen ist und dass darüber hinaus „das Friedenswerk durch die europäische Expansion nach Übersee mitgeprägt worden [ist], insofern […], als die europäische Völkerrechtstradition bekanntlich wichtige Impulse durch die theologische, philosophische und rechtliche Verarbeitung der Begegnung mit den neuen, südamerikanischen Kulturen und Völkern durch die spanischen Spätscholastiker erhielt“.[4]
SCHILLING, Der Westfälische Friede [1997], S. 41.
Doch in wie weit diese Impulse tatsächlich den Westfälischen Frieden überdauerten, stand bis dato kaum im Zentrum der Überlegungen und ist mithin seit den Feierlichkeiten vor zehn Jahren ein Forschungsdesiderat.
Zur Bedeutung der außereuropäischen Welt für das europäische Völkerrecht gibt es zwei zentrale Aspekte und infolgedessen gliedern sich die folgenden Überlegungen in zwei Abschnitte. Zum einen wird nach der Rolle außereuropäischer Völker und Fürsten, d.h. politischer Einheiten im europäischen Völkerrecht des 17. Jahrhunderts gefragt. Zum Zweiten soll, ausgehend von der Annahme einer zentralen Bedeutung von Kolonialbesitz für die Staatenbildung in Europa, danach gefragt werden, inwieweit die Bestimmungen des Westfälischen Friedens bzw. seiner Folge- und Präliminarverträge im Hinblick auf Übersee die politischen Beziehungen der europäischen Staatenwelt in Bewegung brachten.

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2. Nicht-Europäer in europäischen Vertragswerken

Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass der zwischen Spanien und den Vereinigten Provinzen am 30. Januar 1648 in Münster geschlossene Friede auch Abmachungen über die Beziehungen der beiden Staaten zu nicht-europäischen politischen Einheiten beinhaltete.[5]

Vgl. den zeitgenössischen Druck des Friedens zwischen Spanien und den Generalstaaten aus dem Stadtarchiv Münster in lateinischer und deutscher Sprache, Tractatus Pacis Trigesimo Januarii ..., Art. 5 und 6.
Das mag überraschend erscheinen, denn zuvorderst beendete der Westfälische Frieden Kriegshandlungen zwischen europäischen Staaten bzw. Fürsten, auch wenn sich ein Teil der militärischen Auseinandersetzungen der Kontrahenten in amerikanische und asiatische Gebiete verlagert hatte. Allerdings waren Kriegshandlungen außerhalb Europas im 17. Jahrhundert kaum möglich ohne die Unterstützung einheimischer Kräfte vor Ort. Darüber hinaus war die Kriegsführung nicht allein auf die militärische Zerstörung des Kolonialreichs des Gegners bzw. die Bewahrung der Integrität des eigenen ausgerichtet, sondern Ziel der Operationen war immer auch die Aneignung neuer oder die Übernahme bereits bestehender Handelsverbindungen. Bei der Pluralität der Akteure mit teilweise parastaatlichem Charakter, wie sie ihn beispielsweise die Überseekompanien besaßen, können im Nachhinein ökonomische, politische und militärische Ziele nicht mehr klar voneinander unterschieden werden und auch den Zeitgenossen dürfte dies schwer gefallen sein. Die Auseinandersetzungen in Afrika, Amerika und Asien bildeten eine strategische Komponente des Unabhängigkeitskampfes der Niederländer. Folglich mussten Regelungen mit Dritten in Übersee, in so weit sie das Verhältnis der vertragsschließenden Parteien zueinander berührten im Vertragstext von Münster Niederschlag finden.
Bereits in den Waffenstillstandsverhandlungen 1608/1609 war es den Niederländern gelungen, eine dahingehende Klausel festzuschreiben. Mit der ideologischen Unterstützung Grotius´, der, die Freiheit der Meere propagierend, Portugiesen und Spaniern das Recht absprach, ganze Kontinente für ihren Monopolhandel zu beanspruchen, wurde den Niederländern 1609 erstmals das Recht zugestanden, mit den Untertanen und in Gebieten fremder Fürsten Handel zu treiben, wenn diese ihre Einwilligung dazu gegeben hätten. Darüber hinaus bestätigten und erweiterten die Unterhändler der Garantiemächte England und Frankreich in einer Zusatzerklärung diesen geheimen Separatartikel dahingehend, dass es ohne Erlaubnis des Souveräns des jeweiligen Vertragspartners keinem der Untertanen des anderen erlaubt sei, in den indischen Gebieten dieses Vertragspartners Handel zu treiben.[6]
Vgl. DUMONT, Corps universel 1728, Bd.5/2, S. 102, Wörtlich heißt es in der Zusatzerklärung, nachdem man den Untertanen der Generalstaaten verbot, ohne Erlaubnis des Katholischen Königs in dessen indischen Gebieten zu handeln: »Qu’il ne sera loisible aussi à ses Sujets [des Katholischen Königs, A.W.] de trafiquer aux Ports, Lieux et Places que tiennent lesdits Sieurs Estats esdites Indes , si ce n’est avec leurs permission.«

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Die Bestimmungen von 1609 hatten für nicht-europäische politische Einheiten theoretisch folgende Konsequenzen: Erstens wurde ihnen de facto das Recht zugestanden, als Subjekte des Völkerrechts Verträge zu schließen. Zum zweiten verlagerte man die Zuständigkeit der Erläuterung oder Ausnahmen von diesen Verträgen in die Verfügungsgewalt der europäischen Vertragspartner. Die lokalen politischen Verhältnisse in Übersee dürften für die Europäer alles andere als eindeutig gewesen sein, doch man ließ die Dinge im Ungefähren, auch deshalb weil man von beiden Seiten militärische Korrekturen der Verhältnisse trotz Waffenstillstand nicht ausschließen wollte. Im Kontext der spanisch-portugiesischen Thronunion galten diese Bestimmungen theoretisch für beide Indien, also Amerika und Asien.[7]

Bis 1609 gab es keine holländischen Besitzungen in Westafrika. Die afrikanische Ostküste war ein Bestandteil des portugiesischen »Estado da India«.
Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Machtverhältnisse beschränkten sie sich auf Asien, denn in Amerika war den Niederländern bis zu diesem Zeitpunkt weder das Anlegen einer dauerhaften Siedlung noch der Abschluss von Allianz- oder Handelsverträgen mit lokalen Herrschern gelungen. Und tatsächlich scheint Spanien gegen die Zugeständnisse für Asien, die Anerkennung des eigenen Monopols in Amerika getauscht zu haben.[8]
Vgl. DUMONT, Corps universel 1728, Bd.5/2, S. 102.
Zum Zeitpunkt des Westfälischen Friedens hatten sich sowohl die überseeischen als auch die europäischen Verhältnisse fundamental geändert. Die Vereinigten Provinzen bzw. die niederländische Westindische Kompanie (WIC) hatte Teile Brasiliens erobert und zum Teil bereits wieder an die Portugiesen verloren.[9]
Obwohl 1641 ein zehnjähriger Waffenstillstand zwischen den Niederlanden und Portugal geschlossen worden war, brachen nach der Abberufung Moritz von Nassauens 1644 Aufstände der portugiesischen Pflanzer aus, die letztlich zur Vertreibung der Holländer führten. Vgl. KAHLE, Lateinamerika 1993, S. 32–40.
In Europa hatte 1640 der Herzog von Bragança einen Aufstand angeführt und Portugal von der spanischen Krone losgesagt. Von einigen, im Krieg mit Spanien stehenden europäischen Staaten war Portugals Unabhängigkeit anerkannt worden, wenn auch ein abschließender Friedensvertrag mit Spanien noch lang auf sich warten lassen sollte. De facto hatte der spanische König jedoch die Verfügungsgewalt über die portugiesischen Überseegebiete verloren.[10]
Auch während der portugiesisch-spanischen Thronunion wurden beide Kolonialreiche getrennt verwaltet. Dennoch verhandelte der Katholische König in zwischenstaatlichen Abkommen als Staatsoberhaupt Portugals auch über das portugiesische Kolonialreich.
Natürlich mussten sich die geänderten Bedingungen auch im Westfälischen Frieden niederschlagen.

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In Artikel 5 des Vertrags vom 30. Januar 1648 vereinbarten Spanien und die Generalstaaten, Schifffahrt und Handel gemäß den gegebenen Privilegien aufrecht zu erhalten, d.h man schrieb im Prinzip den Status quo der außereuropäischen Handelsusancen, wie sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses herrschten, fest. Zur Garantie dessen wurden alle „Potentaten, Nationen und Völcker“ (potestates, nationes et gentes), mit welchen die Generalstaaten oder in deren Vertretung die beiden Überseekompanien Verträge geschlossen hatten, in den Vertrag mit aufgenommen.[11]

»Die Schifffahrt und Handlungen auf Oost und Westindien / sollen nach Ausweis und den Privilegien / so allbezeit darüber gegeben oder noch gegeben werden möchten/ gemeß / gehandhabet werden / und zu mehrer Versicherung dessen / soll sich gegenwärtige Handlung und Ratification, so beederseits darüber auszubringen / erstrecken ; und sollen unter jetztbemeltem Tractat und Handlung / begriffen werden / alle Potentaten / Nationen und Völcker / mit welchen die vorbenannte Herren Staten / oder die von der Oost und West Indianischen Compagnie von ihrentwegen in den Schrancken ihrer Privilegien / in Freundschafft und Verbündniß stehen.«, zitiert nach Tractatus Pacis Trigesimo Januarii ... Eine portugiesische Version findet sich bei Calvo, wo sich allerdings ein Übersetzungsfehler eingeschlichen hat, da es dort heißt: »[…] e no dito Tratado serão comprehendidos todos os potentados, nações e povos, com quem os ditos senhores, rei e Estados ou os membros da companhia das Indias […]«. Es wurden also auch Vertragspartner des spanischen Königs mit einbezogen, die auch in der lateinischen Version mit keinem Wort erwähnt werden. Zitiert nach Calvo, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 68f.
Im Anschluss daran wurde festgelegt, die Besitzverhältnisse, wie sie im Augenblick bestanden, beizubehalten. Dabei konnten die Niederlande eine Anerkennung der brasilianischen Besitzungen - inzwischen bereits wieder in portugiesischem Besitz - durchsetzen. Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit abschätzen, ob Portugal die Unabhängigkeit gegenüber Spanien auf die Dauer erhalten konnte. Bei einem Rückfall des Landes an die spanische Krone wäre diese auf Grundlage des Vertragstextes von Münster gezwungen gewesen, Brasilien an Holland zu restituieren. Darüber hinaus sollten auch die Besitzungen anerkannt werden, die in Zukunft ohne Bruch des Vertrages erobert werden konnten.[12]
»und soll ein jeder benamtlich die höchstgemelte Herren König und Staten / respective in fernern Besitz verbleiben / und sich zu erfreuen haben / derjenigen Herrschaften / Stätte / Schlösser / Vestungen / Handel und Länder / in Oost und West Indien / wie auch Brasilien / zusame denen See-Küsten in Asia, Africa und America respective, gleich als wie dieselbe die Herren König und Staaten respective inhaben und besitzen / unter welchem insonderheit begriffen seynd die Oerter / so die Portugesen von dem Jahr sechzehnhundert ein und viertzig / den Herrn Staaten ab- und eingenommen haben / oder die Oerter / so sie hinfüro / ohne Brechung der gegenwärtigen Tractaten / bekommen und besitzen werden.« Ebda.
Mit diesem Passus überantwortete Spanien die Ansprüche, die es fast eineinhalb Jahrhunderte aus der Papstbulle Inter caetera hergeleitet hatte, nämlich das Monopol auf Kontakt, Landnahme und Handel mit den vom Papst in Abgrenzung zur portugiesischen Einflusszone zugeteilten Gebieten endgültig der Vergangenheit. Gleichzeitig gab man indirekt die portugiesischen Gebiete zur Eroberung frei. Denn bis zur Thronunion (und natürlich auch währenddessen) hatten die iberischen Staaten bei aller Rivalität um den Zugriff auf Überseeterritorien gegenüber Dritten immer im diplomatischen Schulterschluss argumentiert, denn man wusste, dass ohne Einigkeit in dieser Frage die Integrität der Überseegebiete kaum zu halten war. In Zukunft würde aber die Eroberung portugiesischer Überseegebiete, ohne einen Bruch des Abkommens mit Spanien durchaus möglich sein.[13]
Im Schlusssatz beschränkte der Vertrag die Erlaubnis zur Eroberung neuer Gebiete de facto auf die Niederländer, denn weiter wurde verabredet, »daß die Spanier bey ihren Schifffahrten verbleiben sollen / also und dergestalt / wie sie dieselbige in Oost-Indien noch zur Zeit haben / dabey aber nicht Macht haben sollen / sich weiter zu verbreiten / gleich wie auch die Ingesessene der vereinigten Niederlanden / sich von Besuchung der Castilianischen Oerter in Oost-Indien enthalten sollen.« Ebda. Abgesehen von den Philippinen gab es kaum kastilische Besitzungen in Ostindien.

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Im zweiten, Übersee direkt betreffenden Artikel des Friedens zwischen den Generalstaaten und Spanien (Art. 6) wurden die Herrschaftsgebiete in Westindien gegeneinander abgegrenzt und zwar nicht in Bezug auf eine geographische Bestimmung der jeweiligen Einflussgebiete, sondern es wurde vereinbart, das Handelsmonopol des Vertragspartners in den von ihm tatsächlich in irgend einer Form in Besitz genommenen Gebieten zu respektieren.[14]

»Und was anlanget West-Indien / sollen die Unterthanen und Einwohner der Königreich / Provinzien und Länder der vorgedachten Herren deß Königs und respektive der Staten / sich von Befahren / und von Handlung in allen Häffen und Oertern / so mit Vestungen / Wohnungen und Schlössern versehen / und in allen anderen / so von einer oder andern Parthey besetzet und besessen werden / enthalten / nemlichen die Unterthanen deß bemelten Herren Königs / sollen nicht befahren noch handthieren / in denen Häffen und Oertern / welche von den erwehnten Herren Staten besessen werden / noch auch die Unterthanen der gedachten Herren Staten in denjenigen / welche von höchstgedachten Herrn König ingehabt werden. Und unter den Oertern / so die vorgeschriebene Herren Staten besitzen / sollen mit begriffen syn diejenigen Oerter / welche die Portugesen von dem Jahr sechzehnhundert ein und viertzig her / in Brasilien den vorbemeldten Herren Staten abgenommen haben / wie auch alle andere Oerter die dieselbe anjetzo besitzen / solang als dieselbe unter den Portugißen seyn sollen / also daß der vorgehende Artickul mitnichten den Inhalt dieses gegenwärtigen aufheben soll.« Ebda.
Wieder verabschiedete sich Spanien von Monopolansprüchen über kaum bekannte und zum Teil noch niemals von Europäern betretene Gebiete.
Den Vereinigten Provinzen gelang es in Westfalen erstmals, Herrschaftsansprüche, die über die Vertragswahrung mit nichteuropäischen Völkern und Fürsten hinausgingen, durchzusetzen. Auffallend sind die Unterschiede in der Behandlung von West- und Ostindern in dem Vertragstext. Zwar wurden in Artikel 5 noch recht allgemein auch westindische Vertragspartner in den Frieden der Europäer miteinbezogen, doch im folgenden Artikel, der sich ausschließlich mit westindischen Verhältnissen befasst, ist von indianischen Völkerrechtssubjekten keine Rede mehr. Auch die Niederländer waren sich bewusst, dass amerikanische Kolonien ohne Handelsmonopol für das Mutterland kaum wirtschaftlich nutzbar waren. Deshalb verschwanden amerikanische Völker recht schnell aus den zwischenstaatlichen Abmachungen Europas, obwohl ihr Schicksal in Gestalt der Schwarzen Legende mehr als ein Jahrhundert den Kampf nicht allein der Niederländer gegen die spanischen Habsburger ideologisch unterfüttert hatte.[15]
Vgl. ITTERSUM, Profit and Priciple 2006, S. 53–104.
Etwaige weitere Veränderungen im Verhältnis zu oder Abmachungen über außereuropäische(n) politische(n) Einheiten im europäischen Völkerrecht lassen sich anhand der Übersee betreffenden Verträge nachzeichnen. Dabei fällt den Verträgen mit Spanien und Portugal die prominenteste Rolle zu, nicht nur weil die beiden iberischen Mächte immer noch die wichtigsten Kolonialmächte waren, sondern auch weil in der völkerrechtlichen Diskussion Europas beide Mächte Monopolansprüche aus der bereits erwähnten Papstbulle ableiteten. Dennoch wurden seit dem Waffenstillstand von 1609 auch die Niederländer von tatsächlichen und potentiellen Kolonialmächten als Ordnungsmacht in Ostasien begriffen, so dass diese in Verträgen mit den Generalstaaten versuchten, den Zugang nach Asien zu erhalten bzw. zu eröffnen.

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3. Verträge mit Portugal und Spanien

Im Prinzip kam es, abgesehen von dem ebenso bereits erwähnten Waffenstillstand von 1609 und dem spanisch-englischen Frieden von 1630, der recht allgemein den Frieden auch auf amerikanische Gebiete ausdehnte, im Zuge der portugiesischen Unabhängigkeit zu ersten Übersee betreffenden vertraglichen Vereinbarungen. Wann immer nötig tauschte der Herzog von Bragança seine Anerkennung als Staatsoberhaupt gegen Konzessionen, sei es die vorläufige Anerkennung der holländischen Besitzansprüche in Brasilien und Ostindien, seien es Handelsrechte wie sie mit dem englischen König Charles I. vereinbart wurden.
In dem 1641 für zehn Jahre vereinbarten Waffenstillstand zwischen den Generalstaaten und Portugal wurden die ostindischen Prinzen, mit denen die Vereinigten Provinzen bzw. die VOC als deren Stellvertreter Allianzen unterhielten, mit aufgenommen.[16]

Vgl. Waffenstillstand und Beistandspakt von Den Haag, Generalstaaten, Portugal, 1641 VI 12 in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de, Art. 3, (zuletzt eingesehen am 26.2.2009). Siehe auch CALVO, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 57.
Für Brasilien steckte man schlicht die Handelsmonopole gegeneinander ab und die Klärung der afrikanischen Besitzverhältnisse überließ man den Afrikanern, da es, wie es hieß, zwischen den Besitzungen beider Vertragspartner Völker und Nationen (gentes et nationes) gebe, die die Grenzen festlegten.[17]
Vgl. ebda. Art. 16 und 19. Art. 19 lautet wörtlich: »Illud, quidquid tam Lusitani quam subditi harum Provintiarum in oris Africae possident, nulla indiget limitum divisione, cum inter utrumque diversae gentes et nationes sortiantur, quae finium limites statuunt et dividunt.« Für die englische Übersetzung: »All that which the Portuguese and the subjects of these Provinces possess on the coasts of Africa needs no delimitation, since there are various peoples and nations between them who determine and form the limits.« Siehe Davenport, European Treaties 1917, S. 344.
Das blieb der einzige europäische Vertrag der Frühen Neuzeit, der Grenzziehungen zwischen Einflusssphären außerhalb Europas vollständig der lokalen Politik überließ. Der Artikel mag darüber hinaus als frühes Zeugnis für die Undurchdringlichkeit des afrikanischen Kontinents gelten.[18]
Interessant sind im Gegensatz dazu die Verträge mit Frankreich, Schweden und Großbritannien. Obwohl alle drei Mächte darauf drangen und Portugal keinesfalls aus einer Machtposition heraus verhandelte, konnte vorerst keine der genannten Mächte vertragliche Zugeständnisse für Übersee erringen. Der portugiesisch-französische Vertrag beschränkte sich auf eine militärische Allianz, der erste portugiesisch-schwedische Vertrag überhaupt eröffnete lediglich Handelsverbindungen in Europa und Großbritannien wurde in seinen Ansprüchen auf Übersee auf künftige Verträge und einzurichtende Schiedskommissionen vertröstet. Dabei mag eine Rolle gespielt haben, dass die Verhandlungen in Westfalen schon begonnen hatten und Portugal richtiger Weise voraussah, dass alle Vertragspartner im Zweifelsfall die portugiesische Sache für einen Frieden mit Spanien opfern würden. Vgl. Cardim, „Portuguese Rebels“1998, S. 308–315. Zum einen kann dies als Erfolg der spanischen Diplomatie verbucht werden, zum anderen war dies wohl der ungeklärten Situation in Brasilien (und anderen Überseeterritorien) geschuldet, wo portugiesische Siedler entgegen den Bestimmungen des Waffenstillstandes von 1641 und gegen die Vorgaben der Bragança-Administration in Lissabon weiterhin gegen die Holländer kämpften. In Ceylon, wo Portugiesen und Niederländer sich nicht nur miteinander, sondern auch mit einem Bürgerkrieg der Bevölkerung auseinanderzusetzen hatte, beendete erst ein erneuter Waffenstillstand 1644 die Feindseligkeiten. Vgl. auch: Provisorischer Waffenstillstand betr. Insel Ceylon, Generalstaaten / Ostindische Kompagnie, Portugal, 1644 XI 14 und Vertrag von Den Haag, Generalstaaten, Portugal, 1645 III 27, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (zuletzt eingesehen am 26.2.2009) Außerdem: Codrington, History of Ceylon 1926, S. 120f. Frankreich und Schweden besaßen noch keine überseeischen Gebiete, die sie vertraglich hätten absichern wollen und Karl I. von England befand sich selbst in desolater politischer Lage, so dass der Vertrag mit Portugal zu einem großen Teil als Signal an die eigenen Landsleute gelten kann. Vgl. Weindl, Wer kleidet die Welt? 2007, S. 133–35.

Als sich der von Spanien ausgehende militärische Druck auf Portugal erhöhte, musste erneut ein Frieden mit den Niederländern gesucht werden und Portugal schloss 1661 und 1669 zwei Verträge zur Einstellung der Feindseligkeiten mit den Niederlanden. Gegen die Zahlung einer hohen Entschädigung wurde Brasilien endgültig Portugal zugeschlagen. Dafür erhielten die Holländer das Recht, in Brasilien und im portugiesischen Afrika Handel zu treiben.[19]
Vgl. Calvo, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 110–147, Art. 3 und 4. In Erläuterung des Vertrags von 1661, der die Streitigkeiten in Asien nicht hatte beenden können, legte man 1669 fest, dass die Holländer Cochin und Cananor als Pfand für die Zahlung der Entschädigungssummen behalten sollten. Tatsächlich wurden beide Plätze niemals zurückgegeben. Vgl. Handelsvertrag von Den Haag (mit Separatartikel), Generalstaaten, Portugal, 1669 VII 31, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (zuletzt eingesehen am 26.2.2009).
In beiden Verträgen wurden Nicht-Europäer mit keiner Silbe erwähnt, ebenso wenig wie in den Verträgen 1654 und 1661 zwischen Portugal und Großbritannien.[20]
Siehe Abschnitt 5 [xxx, S. 9f].

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4. Verträge mit den Niederlanden

Noch vor der portugiesischen Unabhängigkeit waren, wie bereits erwähnt, in Folge des Waffenstillstandes von 1609 die Niederlande in den Augen europäischer Staaten zum Mitverwalter europäischer Handelsmonopole in Asien geworden. Folgerichtig versuchten die europäischen Mächte bei Vertragsverhandlungen mit den Niederländern ihrerseits Handelvorteile für nicht-europäische Gebiete zu erringen. 1621 vereinbarte Dänemark mit den Generalstaaten einen Vertrag, der Dänemark zum einen erlaubte nach den nicht in Besitz genommenen freien Gebieten Ost- und Westindiens zu segeln, zum anderen ausdrücklich die mit nicht-europäischen Souveränen geschlossenen Verträge einer der beiden Mächte respektierte und somit die Handelsmonopole aufrecht erhielt.[21]

Vgl. Allianz von Den Haag, Dänemark, Generalstaaten, 1621 V 14 und Rezess von Bremen, Dänemark, Generalstaaten, 1621 IX 30_X 10 in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (zuletzt eingesehen am 26.2.2009). In Artikel 2 des Vertrags von Oktober 1621, der die offen gelassenen Punkte vom Mai klären sollte heißt es wörtlich: »2. A good and trustworthy friendship and correspondence shall also be and remain between the countries and subjects of both parties in all navigation, trade, and traffic, by land and water, with ships and goods, to all realms, lands, islands, and places in the East and West Indies, Africa, Guinea, Terra Australis, and all such foreign voyages. But the right of each power in the lands, islands, and places that it either possesses and holds by forts for its defense, or else obtains and possesses through any kings, princes, or rulers of those lands, by special agreements and treaties concerning commerce, defense, and the like, is hereby in nowise detracted from or prejudiced« zitiert nach Davenport, European Treaties, New York 1917, S. 284.
Eine drei Jahre später zwischen Frankreich und den Generalstaaten geschlossene Allianz verschob die Lösung der Fragen zu Ost- und Westindien auf weitere Verhandlungen.[22]
Wörtlich heißt es: »5. Quant au trafficq des Indes Orientales et Occidentales, en sera traicté sur les lieux par l'ambassadeur de Sa Majesté selon et suivant les memoires et instructions qui luy seront baillez a cest effect.« Zitiert nach DAVENPORT, European Treaties 1917, S. 288.
Das bis in die 1620er Jahren vorherrschende Entgegenkommen der Generalstaaten in Sachen außereuropäischem Handel wich nach dem Friedensschluss mit Spanien 1648 der eifersüchtigen Bewahrung der eigenen Monopole. Ein Umgang, wie ihn die Generalstaaten mit der als wesentlich ernster zu nehmenden englischen Konkurrenz bereits während der Ostindienkonferenzen 1613 und 1615 pflegten, als man keine Einigung bezüglich der umstrittenen Gebiete in Ostasien erzielen konnte.[23]
Vgl. ITTERSUM, Profit and Principle 2006, S. 371–396.
Immerhin gelangten 1619 die Ostasienkompanien der Vereinigten Provinzen und Englands zu einer Defensivallianz für die Gewürzinseln, mittels derer der Versuch unternommen wurde, zum einen den Handel untereinander aufzuteilen und so die latent schwelenden Streitigkeiten beizulegen, und zum anderen durch gemeinsame militärische Aktionen unliebsame Konkurrenz auszuschalten. Von der Vertragsfreiheit indischer Souveräne war hier nicht mehr die Rede. Die laut Vertrag zu bildende Verteidigungsflotte sollte gemäß den Zusatzanweisungen der beiden Kompanien als erstes zur Gewinnung des Chinahandels eingesetzt werden, und zwar in der Art, dass man die Flotte auf die Philippinen beorderte mit der Anweisung den chinesischen Handel mit Dritten zu verhindern.[24]
Wörtlich hieß es: »[…]la deffence sera employée pour gagner le Commerce de la Chine , & à cette fin sera la Flotte envoyée aux Philippines , pour empêcher que les Chinois ne commercent avec d’autres que avec nous.« zitiert nach DUMONT, Corps universel 1728, Bd. V/2, S. 335–337, sur l’Article X.
Der König von Bantam sollte, wenn nötig mit Waffengewalt, dazu gebracht werden, seine bestehenden Verträge über den Monopolpfefferhandel mit China aufzulösen.[25]
»Pour remedier à cet abus [gemeint sind die exorbitanten Steuern] il sera bon qu’on se serve de voyes douces & amiables (en representant le pouvoir des deux Compagnies Unies) pour gagner le Roi de Bantam, afin que lesdites impositions soient absolument mises par lui sur un pied raisonnable. [..] A cette fin on pourra demander, Que le Roi ait à ôter & aneantir toute sorte de Monopole que les Chinois ont à Bantam, non seulement avec le sçu du Pagoram; Mais meme par son Conseil & propre avis.« Einige Zeilen darunter heißt es: »le conseil de deffence será autorisé pour chercher tel remede qu’il trouvera utile pour la prosperité des deux Compagnies.«
Die Vertragsfreiheit indischer politischer Einheiten beschränkte sich hier auf die Freiheit des Vertragsschlusses mit der holländischen oder englischen Ostindienkompanie.

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5. Vereinbarungen zu Übersee als Motor für das politische Beziehungsgeflecht Europas

Für die europäischen Staaten mit Ambitionen auf Kolonialbesitz und interkontinentalen Handel bedeutete der Friede von Münster einen gravierenden Einschnitt im globalen Mächteverhältnis mit nicht nur ideologischen, sondern auch politischen und militärischen Implikationen. Denn erstmals ließ Spanien die Niederländer als Mitbewerber um Kolonien und Monopolhandel zu und wenn diese auch flächenmäßig im Vergleich nur wenig ihrer amerikanischen Gebiete auf Dauer halten konnten, war doch entscheidend, dass ihnen erlaubt wurde, europäische und interkontinentale Handelsverbindungen gleichermaßen zu nutzen. Das verschaffte ihnen einen unschätzbaren Vorteil im Wettbewerb der Staaten um die besten Handelspositionen. So brachten die Vereinbarungen der Niederländer mit Spanien und Portugal zwischen 1648 und 1661 England in Zugzwang. Denn Ziel der Wirtschaftspolitik, die man mit den Mitteln des internationalen Rechts umzusetzen versuchte waren nicht gute Bedingungen an bestimmten Märkten, das Ziel waren bessere Bedingungen als die Konkurrenz.
Nach dem Sieg der Republik verhandelte man in England parallel mit Portugal und Spanien um die Verabschiedung neuer bzw. die Erneuerung alter Friedensverträge. Die portugiesische Unterstützung Charles I. hatte zu militärischen Auseinandersetzungen mit der englischen Republik geführt; Spanien hatte zwar die Republik anerkannt, doch drängte die englische Seite auf eine Anpassung des alten Handelsvertrags von 1604/1630 auf die veränderten Bedingungen, wie sie sich vor allem aus dem Westfälischen Frieden für die Niederländer ergeben hatten. In Bezug auf Übersee rückten die englischen Verhandlungsführer die Forderung nach freiem Handel mit den englischen Kolonien in Amerika, die ja immer noch im theoretisch von Spanien beanspruchten Gebiet lagen, ins Zentrum ihrer Verhandlungsführung. Der englischen Seite musste bewusst sein, dass der völlige Freihandel auch mit den spanisch-amerikanischen Kolonien unter Aufrechterhaltung der eigenen Navigationsakte [26]

Die Navigationsakte war 1651 verabschiedet worden und reservierte den Handel mit englischen Kolonien englischen Schiffen und Kaufleuten. Sie richtete sich vor allem gegen den niederländischen Zwischenhandel. Vgl. FARNELL, Navigation Act 1963/64.
weder durchsetzbar noch in Erwartung zukünftige Meistbegünstigungsklauseln in Verträgen zwischen Spanien und anderen Mächten ernsthaft wünschbar war. Tatsächlich war die Forderung nach dem „mare liberum“ seit 1609 gänzlich aus der europäischen Diplomatie verschwunden.

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Gleichzeitig setzten die Engländer mit diesen Verhandlungen Portugal unter Druck. Das kleine Land am westlichen Rande Europas brauchte nach wie vor die englische Unterstützung, um seine Unabhängigkeit gegen Spanien behaupten zu können. In dem letztlich bereits mit Oliver Cromwell geschlossenen Handelsvertrag gelang es der englischen Seite, all das durchzusetzen, was ihr 1642 verwehrt worden war, in der noch mit dem innenpolitisch bereits stark angeschlagenen Charles I. geschlossenen Allianz. Man erlaubte englischen Untertanen den Handel zwischen Portugal und Brasilien sowie mit den übrigen portugiesischen Kolonien in Afrika und Asien.[27]

Vgl. WEINDL, Wer kleidet die Welt? 2007, S. 147–156. Letztlich zwang man den portugiesischen König mit der Entsendung einer englischen Flotte an die Tejomündung zur Unterzeichnung des Vertrags. BOXER, Second Thoughts 1986, S. 24.
Sieben Jahre später ließ sich Charles II. seine Heirat mit der portugiesischen Infantin Katharina mit einer außerordentlich reichen Mitgift ausstatten. Portugal musste den vorangegangenen Vertrag erneut anerkennen, übergab Tanger und Bombay an England, erlaubte englischen Untertanen den freien Handel mit sämtlichen Überseegebieten, gestattete die Ansiedlung von bis zu vier britischen Familien an den meisten Stützpunkten und übergab im Falle der Rückeroberung von den Vereinigten Provinzen einige ostindische Gebiete bereits im Voraus an England. Dafür verpflichtete sich England zur militärischen Unterstützung und dazu, keinen für Portugal nachteiligen Frieden mit Spanien zu schließen.[28]
Vgl. WEINDL, Wer kleidet die Welt? 2007, S. 162f.
Die Niederländer ließen sich ihrerseits daraufhin in ihrem bereits erwähnten Vertrag mit Portugal vom selben Jahr prophylaktisch alle Handelsprivilegien, die den Engländern erteilt wurden oder noch erteilt werden würden zugestehen.[29]
Vgl. CALVO, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 118–122, (Tratado de Paz e confederação entre el rei o senhor dom Affonso VI e os Estados Geraes das Provincias Unidos dos Paises Baixos, assignada na Haya a 6 de agosto 1661 […], Art. 3 und 4.)
Den Vertrag von 1654 unter Dach und Fach steuerte Cromwell direkt auf einen Krieg mit Spanien zu. Die Forderung nach Öffnung des gesamten Handels mit Amerika wurde in Madrid sehr schnell als das erkannt, was es war: ein Vorwand zum Krieg. Hier braucht die militärische Auseinandersetzung nicht nacherzählt zu werden. Außer der Eroberung Jamaikas konnten die Briten kaum Erfolge verbuchen. Interessanter im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch, dass zwischen Beendigung der Kriegshandlung kurz vor der Thronbesteigung durch Charles II. und dem Abschluss eines erneuten Friedens- und Handelsvertrags zwischen beiden Ländern acht Jahre später, eine Art „kalter Friede“ herrschte, in dem die überseeischen Angelegenheiten von den Beziehungen in Europa getrennt blieben. In Westindien herrschte Piratenkrieg und das Argument, nicht dagegen vorgehen zu können, war ein fehlender Friedensvertrag.

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An den spanisch-englischen Beziehungen dieser 1660er Jahre lässt sich sehr deutlich der Zusammenhang zwischen überseeischen Interessen und innereuropäischer Friedenspolitik zeigen bzw. in diesen Jahren werden die veränderten Paradigmen deutlich. Jahrzehntelang hatte die Drohung der Unterbrechung des europäischen Handels Spanien als Druckmittel gedient. Nicht immer waren auf diese Weise Kriege vermieden worden, doch immer hatte der blockierte europäische Handel England zurück an den Verhandlungstisch gezwungen. Und immer war es Spanien geglückt, gegen die Gewährung von Handelsprivilegien in Europa die vertragliche Anerkennung des amerikanischen Handelsmonopols zu tauschen. Man kann mit Fug und Recht argumentieren, dass es für die überseeischen Kolonien eines europäischen Staates kaum einen Unterschied machte, ob sie ihren Handel legal oder illegal mit ausländischen Nationen trieben. Entscheidender war die politische und militärische Durchsetzungskraft monopolistischer Vorgaben aus dem Mutterland. Schon lange hatten Niederländer, Engländer und Franzosen den Iberern Provinzen, Häfen und Plätze der reklamierten Gebiete streitig gemacht. Der Handel zwischen den einzelnen Kolonien verschiedener Nationen war wohl ebenso schon Realität wie etwa die Versorgung Amerikas durch niederländische, englische und französische Kaufleute. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es für die Machtposition des Mutterlandes in Europa einen fundamentalen Unterschied machte, ob und in welcher Form Privilegien in Übersee für Angehörige ausländischer Nationen Verhandlungsmasse waren oder nicht. Entscheidend für die englische Verhandlungsführung der 1660er Jahre waren deshalb nicht mehr Forderungen nach Freihandel mit Übersee. Den Zugang hatte man längst über die Abmachungen mit Portugal erreicht. Ganz im Gegenteil: Die militärische Schwäche Spaniens ließ Großbritannien eine Öffnung der amerikanischen Märkte für alle fürchten. Das wiederum hätte unliebsame Konkurrenz auf den Plan gerufen. Es nimmt daher kaum Wunder, dass, als das spanische Handelsmonopol für Amerika an der militärischen Durchsetzungskraft zu scheitern drohte, ein einzelnes Monopol, nämlich das für den Sklavenhandel mit Spanisch-Amerika seinen Weg ins europäische Völkerrecht nahm. Seit den 1660ern versprachen englische Diplomaten gegen die Überschreibung des Asiento de negros an England den Spaniern ihr amerikanisches Handelsmonopol zu sichern.

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Demgemäß tauchten überseeische Gebiete in dem schließlich 1667 zwischen England und Spanien vereinbarten Handelsvertrag kaum auf. Englische Untertanen erhielten lediglich das Recht, ohne Herkunftsnachweis diesseits und jenseits des Kaps der Guten Hoffnung erstandene Produkte in Spanien abzusetzen, was ihnen den Absatz von aus portugiesischen Überseegebieten stammenden Waren sicherte.[30]

Bis zu einem Friedenvertrag mit Portugal war dieser Handel eigentlich verboten, da die spanische Krone Portugal als rebellische Provinz betrachtete.
Daneben verbesserte der Vertrag über eine Reihe bis in alle Einzelheiten die Wareneinfuhr regelnde Artikel die Position englischer Kaufleute am spanischen Markt. Drei Jahre später wurden in einem weiteren Vertrag die Verhältnisse für Amerika geklärt, d.h. es wurde Besitzstandswahrung vereinbart sowie die Respektierung der jeweiligen Handelsmonopole.[31]
Vgl. Tratado entre las Coronas de España y de la Gran Bretaña para establecer la amistad y Buena correspondencia en America, firmado el 18 de Julio de 1670, in: CALVO, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 162–172. Art. 7 und 8, in Artikel 9 wurde die Gültigkeit für eventuell erteilte Einzelprivilegien für die Zukunft bereits festgelegt.
Nur ein Frieden ermöglichte den wirtschaftlichen Ausbau der westindischen Stützpunkte. Außerdem hatte der Frieden von Breda, der die Vereinigten Provinzen als vorherrschende Macht in Ostindien und Westafrika etablierte und ihnen Gebiete auf dem amerikanischen Festland überschrieb (Surinam), Großbritannien erneut in Zugzwang gebracht. Denn in der Folge baute die holländische WIC Curação als Depot für den Sklavenhandel aus. Wollte Großbritannien Barbados und Jamaika ähnlich nutzen, benötigte man einen weitgehenden Frieden in der Karibik.
Einhergehend mit der wachsenden Zahl der sich am Wettbewerb beteiligenden Staaten um überseeische Stützpunkte und Handelsverbindungen fanden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts außereuropäische Gebiete zunehmend Erwähnung in den zwischenstaatlichen Verträgen Europas. In keinen dieser Verträge wurden nicht-europäische Fürsten mehr mit eingeschlossen oder ihre Vertragsfreiheit anerkannt. In Europa ging man endgültig dazu über, weltweite Einflusssphären und Handelsmonopole gegeneinander abzugrenzen und diese Grenzen vertraglich festzulegen.[32]
Vgl. Bündnis- und Handelsvertrag von Westminster, Dänemark, Großbritannien, 1654 IX 15, Art. III; Friedensvertrag von Whitehall, Generalstaaten, Großbritannien, 1662 IX 14, Art 15; Friedensvertrag von Breda, Frankreich, Großbritannien und Großbritannien, Generalstaaten 1667 VII 31; 1673 IV 22, Schweden/Niederlande Art. III; Friedensvertrag von Westminster, Generalstaaten, Großbritannien, 1674 II 9, Art. 9, hier wurde interessanterweise vereinbart, für die Lösung der Streitigkeiten in Ostindien ein Schiedskommission zu ernennen. Sollte diese keine Lösung finden, sollte die Königinregentin Spaniens beauftragt werden; Friedensvertrag von Nijmegen und Handels- und Schifffahrtsvertrag von Nijmegen, Frankreich, Generalstaaten, 1678 VIII 10; Friedens- und Neutralitätsvertrag von Whitehall, Frankreich, Großbritannien, 1686 XI 16, Art. V; Handels- und Schiffahrtsvertrag und Friedensvertrag von Rijswijk, Frankreich, Generalstaaten, 1697 IX 20 alle in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de, (zuletzt eingesehen am 26.2.2009).
Vorläufig beendet wurde diese Entwicklung vom Vertragswerk von Utrecht. Für die Überschreibung des Handelsprivilegs des Asiento de negro sicherten nach den Franzosen (1700–1713) die Engländer die spanische Monopolgesetzgebung mit Amerika. Die Konsolidierung der Besitzungen in allen drei bekannten außereuropäischen Erdteilen führte dazu, dass keine europäische Macht mehr ernsthaft den Monopolhandel einer anderen Macht anzweifelte. 1713 verschaffte sich Großbritannien über den Asiento de negros, der von diesem Zeitpunkt an von zwei Souveränen garantiert wurde, Zutritt zum spanischen Monopolsystem, ohne dass dieses System für alle geöffnet werden musste.[33]
WEINDL, Asiento de Negros 2008, S. 236–247.
Die Generalstaaten hatten sich zu diesem Zeitpunkt mit der englischen Vormachtstellung im Atlantik abgefunden und drängten nun nicht mehr auf eine völkerrechtlich sanktionierte Teilhabe am Amerikahandel, sondern ließen die Beibehaltung des spanischen Monopolsystems in ihrem Friedens- und Handelsvertrag mit Spanien mit der Ausnahme eben jenes Asiento in Utrecht festschreiben und versprachen bei der Umsetzung dieses Monopols mitzuwirken.[34]
Vergleiche Friedens- und Handelsvertrag von Utrecht, Generalstaaten, Spanien, 1714 VI 26, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (zuletzt eingesehen am 26.2.2009). In Artikel 31 heißt es wörtlich: S[u] M[ajestad] C[atolica] promete no permitir que alguna nazion estrangera qualquiera que sea, y por qualquiera razon, û debaxo de qualquier pretexto, embie Nabio ô Nabios, û baya â comerziar â las Yndias Españolas; Y al contrario S[u] M[ajestad] se empeña de restablezer y mantener despues la nabegazion y Comercio en estas Yndias, dela manera que todo estaba durante el Reynado del difunto Rey Carlos segundo, y conforme â las leyes fundamentales de España que prohiben absolutamente â todas las naziones extrangeras la entrada y el Comercio en estas Yndias, y reserban uno y otro unicamente â los Españoles subditos de su dicha Magestad Catt[oli]ca, y para el cumplimiento de este Artículo los Señores Estados Generales prometen tambien ayudar â S[u] M[ajestad] C[atolica] bien entendido que esta regla no perjudicará al contenido del contracto del asiento de Negros echo ultimamente con su Magestad la Reyna dela Grande Bretaña.

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6. Schlussbetrachtung

Der Westfälische Frieden ist in Bezug auf außereuropäische Völker und Gebiete mithin ein zweifacher Markstein. Zum einen war er der letzte Vertrag des frühneuzeitlichen „Kolonialsystems“, der nicht-europäische politische Einheiten als Völkerrechtssubjekte überhaupt erwähnte. Zum anderen markiert er den Wendepunkt, der das Streben nach Zugang zu außereuropäischen Gebieten von der ideengeschichtlich bestimmten Diskussion um die Rechte fremder Politien abkoppelte und es zu einer Angelegenheit des zwischenstaatlichen europäischen Rechts machte.
Der Westfälische Frieden als Begründer einer europäischen Friedensordnung kann somit auch als Ausgangspunkt einer Weltordnung angenommen werden, die erst mit der Dekolonialisierung im 20. Jahrhundert aufhörte zu existieren.
Der Frieden teilte zwar die Welt nicht endgültig zwischen den europäischen Mächten auf, verlieh aber durch die Anerkennung des niederländischen Kolonialbesitzes dem „run“ auf die Kolonien einen zusätzlichen, durch das Völkerrecht sanktionierten Schwung.
Die Einbeziehung nicht-europäischer Völker in diesen Frieden, deren Vertragsfreiheit immerhin spätestens seit den Diskussionen um den Waffenstillstand 1609 als ideologische Basis der Kriegsführung in Übersee gedient hatte, mag eher als Begründungsmetapher gesehen werden, denn als Ausgangspunkt der Entwicklung eines tatsächlich universalen Völkerrechts.
So fanden nach Westfalen Nicht-Europäer und ihre Vertragsfreiheit keinerlei Erwähnung mehr im zwischenstaatlichen Recht Europas und zunehmend verloren sie ihre Eigenschaft als Völkerrechtssubjekte auch in ihren mit Europäern geschlossenen Abkommen.

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LITERATUR

BOXER, Charles: Second Thoughts on the Anglo-Portuguese Alliance, 1661–1808, in: History Today 1986/36, S. 22–26.

CALVO, C.: Recueil complet des traites, conventions, capitulations, armistices et autres actes diplomatiques de tous les etats de l'Amerique latine compris entre le golfe du Mexique et le cap de Horn, depuis l'annee 1493 jusqu'a nos jours, precede d'un memoire sur l'etat actuel de l'Amerique, de tableaux statistiques, d'un dictionnaire diplomatique, avec une notice historique sur chaque traite important, 11 Bde., Paris 1862–1869.

CARDIM, Pedro: „Portuguese Rebels“ at Münster. The Diplomatic Self-Fashioning in mid-17th Century European Politics, in: Heinz Duchhadt (Hrsg.), Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, München 1998, S.293–333,

CODRINGTON, Humphrey William: Short History of Ceylon, London 1926.

DAVENPORT, Frances Gardiner: European Treaties Bearing on the History of the United States and its Dependencies, Washington 1917.

DUCHHARDT, Heinz: Münster und der Westfälische Friede – Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskultur im Wandel der Zeit, in: 1648–1998, Frieden als Aufgabe. 350 Jahre Westfälischer Friede – Weichenstellungen und Widerhall eines europäischen Ereignisses. Historikerkongress 27.10–2.11.1996 hrsg. von der Veranstaltungsgesellschaft 350 Jahre Westfälischer Friede mbH, o.O. u. J. [1997], S. 21–33.

DUMONT, J. Baron de Carelscroon: Corps universel diplomatique du droit des gens; contenant un recueil des traitez d alliance, de paix, de treve, de neutralité, de commerce, qui ont ete faits en Europe, depuis le Regne de l´Empereur Charlemagne jusques présent,
8 Bde., Suppl. 2, The Hague Bd. 5/2, Amsterdam 1728.

FARNELL, J.E.: The Navigation Act of 1651, the first Dutch war, and the London merchant community, in: Economic History Review, 2nd ser. 16 (1963/64), S. 439–454.

ITTERSUM, Martine Julia / van: Profit and principle : Hugo Grotius, natural rights theories and the rise of Dutch power in the East Indies, 1595–1615, Leiden 2006.

KAHLE, Günter: Lateinamerika in der Politik der Europäischen Mächte, Köln u.a. 1993.

SCHILLING, Heinz: Der Westfälische Friede und das neuzeitliche Profil Europas, in: 1648–1998, Frieden als Aufgabe. 350 Jahre Westfälischer Friede – Weichenstellungen und Widerhall eines europäischen Ereignisses. Historikerkongress 27.10–2.11.1996, o.O. u.J. [1997], S. 35–58.

STEIGER, Heinhard: Der Westfälische Frieden – Grundgesetz für Europa? in: Heinz Duchhadt (Hrsg.), Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, München 1998, S. 33–80.

Tractatus Pacis, Trigesimo Januarii, anno supra millesimum sexcentesimo quadragesimo octavo, Monasterii Westfalorum, inter Serenissimum & potentissimum Principem Philippum, Regem Hispaniarum, &c. ab una; Et Celsos Potentes[que] Dominos Ordines Generales Foederatarum Belgii Provinciarum, ab altera parte; conclusae / Friedens-Tractat, so da den dreissigsten Jenner deß Jahrs sechzehnhundert acht und viertzig, zu Münster in Westphalen, zwischen Dem Durchläuchtigsten und Großmächtigsten Fürsten, Philipp dem Vierdten, dieses Namens König in Spanien etc. eines; und denn denen Hochmögenden Herren Staaten Generalen der vereinigten Niederlanden anders Theils, beschlossen worden, hrsg. von DEHTLEFS, Gerd (Hrsg.), Internet-Portal “Westfälische Geschichte” unter: http://www.westfaelische-geschichte.de/que2603

WEINDL, Andrea: Wer kleidet die Welt? Globale Märkte und merkantile Kräfte in der europäischen Politik der Frühen Neuzeit, (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, Bd. 211) Mainz 2007.

WEINDL, Andrea: The Asiento de Negros and International Law, in: Journal of the History of International Law 10 (2008), S. 229–257.



ANMERKUNGEN

[*] Dr. Andrea Weindl, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DFG-geförderten Projekt »Europäische Friedensverträge der Vormoderne - online« (Institut für Europäische Geschichte, Mainz)

[1] Vortrag gehalten am 24.10.2008 auf dem Workshop »Pax Perpetua… Neuere Forschungen zum Westfälischen Frieden« des IKFN Osnabrück.

[2] Zum sich verändernden normierenden Charakter des Westfälischen Friedens Vgl. STEIGER, Grundgesetz für Europa? 1998, S. 55–66.

[3] SCHILLING, Der Westfälische Friede [1997], S. 54. und „Wegmarke“ Duchhardt, Münster und der Westfälische Friede [1997], S. 31.

[4] SCHILLING, Der Westfälische Friede [1997], S. 41.

[5] Vgl. den zeitgenössischen Druck des Friedens zwischen Spanien und den Generalstaaten aus dem Stadtarchiv Münster in lateinischer und deutscher Sprache, Tractatus Pacis Trigesimo Januarii ..., Art. 5 und 6.

[6] Vgl. DUMONT, Corps universel 1728, Bd.5/2, S. 102, Wörtlich heißt es in der Zusatzerklärung, nachdem man den Untertanen der Generalstaaten verbot, ohne Erlaubnis des Katholischen Königs in dessen indischen Gebieten zu handeln: »Qu’il ne sera loisible aussi à ses Sujets [des Katholischen Königs, A.W.] de trafiquer aux Ports, Lieux et Places que tiennent lesdits Sieurs Estats esdites Indes , si ce n’est avec leurs permission.«

[7] Bis 1609 gab es keine holländischen Besitzungen in Westafrika. Die afrikanische Ostküste war ein Bestandteil des portugiesischen »Estado da India«.

[8] Vgl. DUMONT, Corps universel 1728, Bd.5/2, S. 102.

[9] Obwohl 1641 ein zehnjähriger Waffenstillstand zwischen den Niederlanden und Portugal geschlossen worden war, brachen nach der Abberufung Moritz von Nassauens 1644 Aufstände der portugiesischen Pflanzer aus, die letztlich zur Vertreibung der Holländer führten. Vgl. KAHLE, Lateinamerika 1993, S. 32–40.

[10] Auch während der portugiesisch-spanischen Thronunion wurden beide Kolonialreiche getrennt verwaltet. Dennoch verhandelte der Katholische König in zwischenstaatlichen Abkommen als Staatsoberhaupt Portugals auch über das portugiesische Kolonialreich.

[11] »Die Schifffahrt und Handlungen auf Oost und Westindien / sollen nach Ausweis und den Privilegien / so allbezeit darüber gegeben oder noch gegeben werden möchten/ gemeß / gehandhabet werden / und zu mehrer Versicherung dessen / soll sich gegenwärtige Handlung und Ratification, so beederseits darüber auszubringen / erstrecken ; und sollen unter jetztbemeltem Tractat und Handlung / begriffen werden / alle Potentaten / Nationen und Völcker / mit welchen die vorbenannte Herren Staten / oder die von der Oost und West Indianischen Compagnie von ihrentwegen in den Schrancken ihrer Privilegien / in Freundschafft und Verbündniß stehen.«, zitiert nach Tractatus Pacis Trigesimo Januarii ... Eine portugiesische Version findet sich bei Calvo, wo sich allerdings ein Übersetzungsfehler eingeschlichen hat, da es dort heißt: »[…] e no dito Tratado serão comprehendidos todos os potentados, nações e povos, com quem os ditos senhores, rei e Estados ou os membros da companhia das Indias […]«. Es wurden also auch Vertragspartner des spanischen Königs mit einbezogen, die auch in der lateinischen Version mit keinem Wort erwähnt werden. Zitiert nach Calvo, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 68f.

[12] »und soll ein jeder benamtlich die höchstgemelte Herren König und Staten / respective in fernern Besitz verbleiben / und sich zu erfreuen haben / derjenigen Herrschaften / Stätte / Schlösser / Vestungen / Handel und Länder / in Oost und West Indien / wie auch Brasilien / zusame denen See-Küsten in Asia, Africa und America respective, gleich als wie dieselbe die Herren König und Staaten respective inhaben und besitzen / unter welchem insonderheit begriffen seynd die Oerter / so die Portugesen von dem Jahr sechzehnhundert ein und viertzig / den Herrn Staaten ab- und eingenommen haben / oder die Oerter / so sie hinfüro / ohne Brechung der gegenwärtigen Tractaten / bekommen und besitzen werden.« Ebda.

[13] Im Schlusssatz beschränkte der Vertrag die Erlaubnis zur Eroberung neuer Gebiete de facto auf die Niederländer, denn weiter wurde verabredet, »daß die Spanier bey ihren Schifffahrten verbleiben sollen / also und dergestalt / wie sie dieselbige in Oost-Indien noch zur Zeit haben / dabey aber nicht Macht haben sollen / sich weiter zu verbreiten / gleich wie auch die Ingesessene der vereinigten Niederlanden / sich von Besuchung der Castilianischen Oerter in Oost-Indien enthalten sollen.« Ebda. Abgesehen von den Philippinen gab es kaum kastilische Besitzungen in Ostindien.

[14] »Und was anlanget West-Indien / sollen die Unterthanen und Einwohner der Königreich / Provinzien und Länder der vorgedachten Herren deß Königs und respektive der Staten / sich von Befahren / und von Handlung in allen Häffen und Oertern / so mit Vestungen / Wohnungen und Schlössern versehen / und in allen anderen / so von einer oder andern Parthey besetzet und besessen werden / enthalten / nemlichen die Unterthanen deß bemelten Herren Königs / sollen nicht befahren noch handthieren / in denen Häffen und Oertern / welche von den erwehnten Herren Staten besessen werden / noch auch die Unterthanen der gedachten Herren Staten in denjenigen / welche von höchstgedachten Herrn König ingehabt werden. Und unter den Oertern / so die vorgeschriebene Herren Staten besitzen / sollen mit begriffen syn diejenigen Oerter / welche die Portugesen von dem Jahr sechzehnhundert ein und viertzig her / in Brasilien den vorbemeldten Herren Staten abgenommen haben / wie auch alle andere Oerter die dieselbe anjetzo besitzen / solang als dieselbe unter den Portugißen seyn sollen / also daß der vorgehende Artickul mitnichten den Inhalt dieses gegenwärtigen aufheben soll.« Ebda.

[15] Vgl. ITTERSUM, Profit and Priciple 2006, S. 53–104.

[16] Vgl. Waffenstillstand und Beistandspakt von Den Haag, Generalstaaten, Portugal, 1641 VI 12 in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de, Art. 3, (zuletzt eingesehen am 26.2.2009). Siehe auch CALVO, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 57.

[17] Vgl. ebda. Art. 16 und 19. Art. 19 lautet wörtlich: »Illud, quidquid tam Lusitani quam subditi harum Provintiarum in oris Africae possident, nulla indiget limitum divisione, cum inter utrumque diversae gentes et nationes sortiantur, quae finium limites statuunt et dividunt.« Für die englische Übersetzung: »All that which the Portuguese and the subjects of these Provinces possess on the coasts of Africa needs no delimitation, since there are various peoples and nations between them who determine and form the limits.« Siehe Davenport, European Treaties 1917, S. 344.

[18] Interessant sind im Gegensatz dazu die Verträge mit Frankreich, Schweden und Großbritannien. Obwohl alle drei Mächte darauf drangen und Portugal keinesfalls aus einer Machtposition heraus verhandelte, konnte vorerst keine der genannten Mächte vertragliche Zugeständnisse für Übersee erringen. Der portugiesisch-französische Vertrag beschränkte sich auf eine militärische Allianz, der erste portugiesisch-schwedische Vertrag überhaupt eröffnete lediglich Handelsverbindungen in Europa und Großbritannien wurde in seinen Ansprüchen auf Übersee auf künftige Verträge und einzurichtende Schiedskommissionen vertröstet. Dabei mag eine Rolle gespielt haben, dass die Verhandlungen in Westfalen schon begonnen hatten und Portugal richtiger Weise voraussah, dass alle Vertragspartner im Zweifelsfall die portugiesische Sache für einen Frieden mit Spanien opfern würden. Vgl. Cardim, „Portuguese Rebels“1998, S. 308–315. Zum einen kann dies als Erfolg der spanischen Diplomatie verbucht werden, zum anderen war dies wohl der ungeklärten Situation in Brasilien (und anderen Überseeterritorien) geschuldet, wo portugiesische Siedler entgegen den Bestimmungen des Waffenstillstandes von 1641 und gegen die Vorgaben der Bragança-Administration in Lissabon weiterhin gegen die Holländer kämpften. In Ceylon, wo Portugiesen und Niederländer sich nicht nur miteinander, sondern auch mit einem Bürgerkrieg der Bevölkerung auseinanderzusetzen hatte, beendete erst ein erneuter Waffenstillstand 1644 die Feindseligkeiten. Vgl. auch: Provisorischer Waffenstillstand betr. Insel Ceylon, Generalstaaten / Ostindische Kompagnie, Portugal, 1644 XI 14 und Vertrag von Den Haag, Generalstaaten, Portugal, 1645 III 27, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (zuletzt eingesehen am 26.2.2009) Außerdem: Codrington, History of Ceylon 1926, S. 120f. Frankreich und Schweden besaßen noch keine überseeischen Gebiete, die sie vertraglich hätten absichern wollen und Karl I. von England befand sich selbst in desolater politischer Lage, so dass der Vertrag mit Portugal zu einem großen Teil als Signal an die eigenen Landsleute gelten kann. Vgl. Weindl, Wer kleidet die Welt? 2007, S. 133–35.

[19] Vgl. Calvo, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 110–147, Art. 3 und 4. In Erläuterung des Vertrags von 1661, der die Streitigkeiten in Asien nicht hatte beenden können, legte man 1669 fest, dass die Holländer Cochin und Cananor als Pfand für die Zahlung der Entschädigungssummen behalten sollten. Tatsächlich wurden beide Plätze niemals zurückgegeben. Vgl. Handelsvertrag von Den Haag (mit Separatartikel), Generalstaaten, Portugal, 1669 VII 31, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (zuletzt eingesehen am 26.2.2009).

[20] Siehe Abschnitt 5 [xxx, S. 9f].

[21] Vgl. Allianz von Den Haag, Dänemark, Generalstaaten, 1621 V 14 und Rezess von Bremen, Dänemark, Generalstaaten, 1621 IX 30_X 10 in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (zuletzt eingesehen am 26.2.2009). In Artikel 2 des Vertrags von Oktober 1621, der die offen gelassenen Punkte vom Mai klären sollte heißt es wörtlich: »2. A good and trustworthy friendship and correspondence shall also be and remain between the countries and subjects of both parties in all navigation, trade, and traffic, by land and water, with ships and goods, to all realms, lands, islands, and places in the East and West Indies, Africa, Guinea, Terra Australis, and all such foreign voyages. But the right of each power in the lands, islands, and places that it either possesses and holds by forts for its defense, or else obtains and possesses through any kings, princes, or rulers of those lands, by special agreements and treaties concerning commerce, defense, and the like, is hereby in nowise detracted from or prejudiced« zitiert nach Davenport, European Treaties, New York 1917, S. 284.

[22] Wörtlich heißt es: »5. Quant au trafficq des Indes Orientales et Occidentales, en sera traicté sur les lieux par l'ambassadeur de Sa Majesté selon et suivant les memoires et instructions qui luy seront baillez a cest effect.« Zitiert nach DAVENPORT, European Treaties 1917, S. 288.

[23] Vgl. ITTERSUM, Profit and Principle 2006, S. 371–396.

[24] Wörtlich hieß es: »[…]la deffence sera employée pour gagner le Commerce de la Chine , & à cette fin sera la Flotte envoyée aux Philippines , pour empêcher que les Chinois ne commercent avec d’autres que avec nous.« zitiert nach DUMONT, Corps universel 1728, Bd. V/2, S. 335–337, sur l’Article X.

[25] »Pour remedier à cet abus [gemeint sind die exorbitanten Steuern] il sera bon qu’on se serve de voyes douces & amiables (en representant le pouvoir des deux Compagnies Unies) pour gagner le Roi de Bantam, afin que lesdites impositions soient absolument mises par lui sur un pied raisonnable. [..] A cette fin on pourra demander, Que le Roi ait à ôter & aneantir toute sorte de Monopole que les Chinois ont à Bantam, non seulement avec le sçu du Pagoram; Mais meme par son Conseil & propre avis.« Einige Zeilen darunter heißt es: »le conseil de deffence será autorisé pour chercher tel remede qu’il trouvera utile pour la prosperité des deux Compagnies.«

[26] Die Navigationsakte war 1651 verabschiedet worden und reservierte den Handel mit englischen Kolonien englischen Schiffen und Kaufleuten. Sie richtete sich vor allem gegen den niederländischen Zwischenhandel. Vgl. FARNELL, Navigation Act 1963/64.

[27] Vgl. WEINDL, Wer kleidet die Welt? 2007, S. 147–156. Letztlich zwang man den portugiesischen König mit der Entsendung einer englischen Flotte an die Tejomündung zur Unterzeichnung des Vertrags. BOXER, Second Thoughts 1986, S. 24.

[28] Vgl. WEINDL, Wer kleidet die Welt? 2007, S. 162f.

[29] Vgl. CALVO, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 118–122, (Tratado de Paz e confederação entre el rei o senhor dom Affonso VI e os Estados Geraes das Provincias Unidos dos Paises Baixos, assignada na Haya a 6 de agosto 1661 […], Art. 3 und 4.)

[30] Bis zu einem Friedenvertrag mit Portugal war dieser Handel eigentlich verboten, da die spanische Krone Portugal als rebellische Provinz betrachtete.

[31] Vgl. Tratado entre las Coronas de España y de la Gran Bretaña para establecer la amistad y Buena correspondencia en America, firmado el 18 de Julio de 1670, in: CALVO, Recueil complet, Tomé 1 1862, S. 162–172. Art. 7 und 8, in Artikel 9 wurde die Gültigkeit für eventuell erteilte Einzelprivilegien für die Zukunft bereits festgelegt.

[32] Vgl. Bündnis- und Handelsvertrag von Westminster, Dänemark, Großbritannien, 1654 IX 15, Art. III; Friedensvertrag von Whitehall, Generalstaaten, Großbritannien, 1662 IX 14, Art 15; Friedensvertrag von Breda, Frankreich, Großbritannien und Großbritannien, Generalstaaten 1667 VII 31; 1673 IV 22, Schweden/Niederlande Art. III; Friedensvertrag von Westminster, Generalstaaten, Großbritannien, 1674 II 9, Art. 9, hier wurde interessanterweise vereinbart, für die Lösung der Streitigkeiten in Ostindien ein Schiedskommission zu ernennen. Sollte diese keine Lösung finden, sollte die Königinregentin Spaniens beauftragt werden; Friedensvertrag von Nijmegen und Handels- und Schifffahrtsvertrag von Nijmegen, Frankreich, Generalstaaten, 1678 VIII 10; Friedens- und Neutralitätsvertrag von Whitehall, Frankreich, Großbritannien, 1686 XI 16, Art. V; Handels- und Schiffahrtsvertrag und Friedensvertrag von Rijswijk, Frankreich, Generalstaaten, 1697 IX 20 alle in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de, (zuletzt eingesehen am 26.2.2009).

[33] WEINDL, Asiento de Negros 2008, S. 236–247.

[34] Vergleiche Friedens- und Handelsvertrag von Utrecht, Generalstaaten, Spanien, 1714 VI 26, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (zuletzt eingesehen am 26.2.2009). In Artikel 31 heißt es wörtlich: S[u] M[ajestad] C[atolica] promete no permitir que alguna nazion estrangera qualquiera que sea, y por qualquiera razon, û debaxo de qualquier pretexto, embie Nabio ô Nabios, û baya â comerziar â las Yndias Españolas; Y al contrario S[u] M[ajestad] se empeña de restablezer y mantener despues la nabegazion y Comercio en estas Yndias, dela manera que todo estaba durante el Reynado del difunto Rey Carlos segundo, y conforme â las leyes fundamentales de España que prohiben absolutamente â todas las naziones extrangeras la entrada y el Comercio en estas Yndias, y reserban uno y otro unicamente â los Españoles subditos de su dicha Magestad Catt[oli]ca, y para el cumplimiento de este Artículo los Señores Estados Generales prometen tambien ayudar â S[u] M[ajestad] C[atolica] bien entendido que esta regla no perjudicará al contenido del contracto del asiento de Negros echo ultimamente con su Magestad la Reyna dela Grande Bretaña.



ZITIEREMPFEHLUNG

Weindl, Andrea, Das universale Vermächtnis des Westfälischen Friedens - Europäischer Frieden und außereuropäische Welt, in: Publikationsportal Europäische Friedensverträge, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte, Mainz 2009-07-27, Abschnitt 1–12.
URL: <https://www.ieg-friedensvertraege.de/publikationsportal/weindl-andrea-vermaechtnis-2009>.
URN: <urn:nbn:de:0159-2009091820>.

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Erstellungsdatum: 27.07.2009
Zuletzt geändert: 27.07.2009