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Seelmann, Peter *
Peter Seelmann, M.A., wissenschaftlicher Mitarbeiter am DFG-geförderten Projekt »Europäische Friedensverträge der Vormoderne - online« (Institut für Europäische Geschichte, Mainz).



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»Le gouvernement a hérité... .« - Das Droit d’Aubaine als literarisches Motiv in der Belletristik des 18. Jahrhunderts

ISSN: 1867-9714

Gliederung:

Anmerkungen
Zitierempfehlung

Text:

Abgesehen von den Jahren 1790–1803 hielt Frankreich bis ins Jahr 1819 am Droit d’Aubaine (lat. jus albinagii; dt. Fremdlingsrecht) fest,[1]
Das Droit d’Aubaine wurde am 6. August 1790 durch die Nationalversammlung aufgehoben. Weitere Gesetze folgten: Am 22.2.1791 wurde es als Feudalrecht abgeschafft, am 1.4.1791 bekamen alle Fremden uneingeschränktes Erbrecht zugestanden und am 13.4.1791 wurde die Aufhebung des Droit d’Aubaine auf die Kolonien ausgeweitet, vgl. MAVIDAL, Archives parlementaires 1867–1913, Bd. 17, S. 628–630, Bd. 23, S. 399, Bd. 24, 1886, S. 495 f. und Bd. 25, 1886, S. 10. SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 278–282, spricht deshalb von einer »Quadruple Abolition« des Droit d’Aubaine. Am 3.9.1791 wurde die Aufhebung des Droit d’Aubaine schließlich in der Verfassung verankert. Vgl. La Constitution du 3 Septembre 1791, Chapitre V, Titre VI. Conseil constitutionnel der Republik Frankreich, https://www.conseil-constitutionnel.fr/les-constitutions-dans-l-histoire/constitution-de-1791#titre-vi-des-rapports-de-la-nation-francaise-avec-les-nations-etrangeres-4737. 1803/04 wurde das Droit d’Aubaine in modifizierter Form unter Napoleon wieder eingeführt, bis es 1819 endgültig abgeschafft wurde. Zur Aufhebung, Wiedereinführung sowie endgültigen Aufhebung des Droit d’Aubaine siehe ausführlich SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 278–312; RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 15–40 und WELLS, Law 1995, S. 108–146.
jenem alten Feudalrecht, dessen Wurzeln in fränkische Zeit zurückreichen und in den mittleren und nördlichen Gebieten der ehemaligen Francia Occidentalis liegen.[2]
Wenngleich altes römisches Recht wie beispielsweise die Lex Falcidia, welche gleichfalls Fremden zu testieren verbot, durchaus Parallelen zum Droit d’Aubaine aufweist, dürfte es wohl weniger eine Rolle gespielt haben als germanische Rechtsvorstellungen. Hierfür spricht zumindest, dass das Droit d’Aubaine in den südlicheren Gebieten der Francia, in denen die römische Kultur stärker verwurzelt war, keine Tradition hatte und erst später, teilweise gegen massive Widerstände, sukzessive durchgesetzt werden konnte. Vgl. WELLS, Law 1995, S. 16. BERNER in: BLUNTSCHLI/ BRATER, Staats-Wörterbuch, Bd. 5, 1860, S. 86–91.
Fremde (frz. aubain; lat. albinus, vermtl. von alibi natus) galten zu jener Zeit als potentielle Feinde, weshalb sie rechtlos waren und besonderen Schutz (mundium) benötigten. Ihnen wurde das aktive und passive Erbrecht verwährt, und im Falle ihres Todes fiel ihre Hinterlassenschaft dem Schutzherren zum Ausgleich für den gewährten Schutz zu.[3]
Die Begriffe Droit d’Aubaine bzw. jus albinagii oder Fremdlingsrecht werden in der jüngeren Historiographie, so auch hier, meist in dieser engen Bedeutung verwendet. Siehe WELLS, Law 1995, S. 15, die explizit zwischen Droit d’Aubaine und aubain laws unterscheidet. Seltener wird der Begriff in einem weiteren, nicht immer eindeutigen Sinn gebraucht. THIEME, Rechtsstellung 1958, S. 206 u. 212, verwendet ihn sowohl in besagter engerer Bedeutung als auch als Synonym für Erbbesteuerung von Fremden allgemein und dementsprechend für das jus detractus (Abschoss, Abzug). Ähnlich ERLER, Gabella Emigrationis 1971, Sp. 1367, der unter Droit d’Aubaine alle jene Reche versteht, »die dem König in bezug auf Fremde zustehen.« Zur Terminologie sowie zu den verschiedenen Formen der Erbbesteuerung SEELMANN, Aufhebungen 2008, Abschn. 82–83.
Seit dem Spätmittelalter nahmen immer häufiger die französischen Könige das Droit d’Aubaine wahr, und als sie im Zuge frühneuzeitlicher staatlicher Verdichtung danach strebten, es in ihren Territorien einheitlich durchzusetzen, erfuhr es eine Erneuerung und Wiederbelebung. Wenngleich das Droit d’Aubaine aufgrund der historischen Entwicklung in Frankreich eine besondere Rolle spielte, gab es durchaus auch zahlreiche andere Souveräne, die es – oft im Zuge von Retorsionsmaßnahmen – ausübten oder aber Abgabeformen wie die gabella hereditaria oder die gabella emigrationis (droit d’issue, Abfahrtsgeld) erhoben,[4]
Die gabella hereditaria war eine 10- bis 50-prozentige Erbschaftssteuer, die Fremde bei der Ausfuhr von ererbtem Vermögen zu entrichten hatten. Im Zusammenhang mit ihr wird häufig die gabella emigrationis (droit d’issue, Abfahrtsgeld) genannt, eine vergleichbare Steuer, die Auswanderer auf mitgeführtes Vermögen entrichten mussten. Sie betraf allerdings Untertanen und Fremde gleichermaßen. Die Unterscheidung dieser wie auch weiterer analoger Abgaben — genannt sei hier noch die traite foraine als allgemeine Ausfuhrsteuer — ist schwierig, weil sie in frühneuzeitlichen Quellen teils undifferenziert, teils uneinheitlich mit Begriffen wie Abschoss, Abzug, Jus Detractus oder Nachsteuer bezeichnet werden.
die sich letztlich von diesem Recht herleiteten.

  1

In Frankreich entwickelte sich das Droit d’Aubaine in der Frühen Neuzeit zudem zu einem staats- und wirtschaftspolitischen Instrument. Es verhinderte den Abfluss von Vermögen aus dem Land, bescherte dem Fiskus gerngesehene Einnahmen und war bei Vertragsschlüssen mit anderen Ländern Verhandlungsmasse. Allerdings hemmte es auch Fernhandel, Fremdinvestitionen sowie den Zuzug von Menschen, die ihrerseits über Arbeitskraft, Kenntnisse, Fähigkeiten, Kompetenzen oder (Finanz-)Mittel verfügten. Deshalb war der Abbau des Droit d’Aubaine schon früh Gegenstand von Übereinkünften, die in ihrer Form variierten und einer Fortentwicklung unterlagen.[5]
Die Ursprünge dieser Abkommen liegen in personell erteilten Einzel- oder Gruppenprivilegien in Form von Patenten oder Erlässen, sind also keine Verträge im eigentlichen Sinn. Nach und nach wich das Personalitätsprinzip einem Territorialitätsprinzip: Indem mit der Beschreibung intersouveräner Beziehungen zunehmend politische Aspekte in die betreffenden Erlasse und Patentbriefe einflossen und die Reziprozität als Voraussetzung allgemeingültige Exemtionen festgeschrieben wurde, erhielten diese Privilegien immer stärker den Charakter zwischenstaatlicher Verträge. Eine analoge, wenn auch nicht zeitlich parallele Entwicklung lässt sich auch bei Handelsverträgen feststellen, vgl. WEINDL, Europäische Handelsverträge 2008, Abschnitt 38 u 53.
Neben die spätmittelalterlichen Einzel- und Gruppenprivilegien traten seit dem 16. Jahrhundert Regelungen in Friedens-, Bündnis-, oder Handelsverträgen. Zwischenstaatliche Verträge, die ausschließlich das Droit d’Aubaine thematisieren, sind hingegen erst seit Anfang des 18. Jahrhunderts zu finden.[6]
Der Ausbau des Diplomatiewesens seit dem 17. und 18. Jahrhunderts ging auch mit einer verbesserten und differenzierteren Vertragspraxis einher. Vgl. BELISSA, Peace treaties 2004, S. 241 u. 252. Eines der frühsten Beispiele eines solchen Aufhebungsvertragsvertrages in besagtem engerem Sinn ist jener vom 24. Januar 1702 zwischen Lothringen und Frankreich. Vgl. Konvention von Versailles über die Aufhebung des Droit d’Aubaine 1702 I 24, in: DUCHHARDT / PETERS, www.ieg-friedensvertraege.de, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 8. Dezember 2008).
 
Unter Vertretern der Aufklärung geriet das Droit d’Aubaine gegen Mitte des 18. Jahrhunderts verstärkt in die Kritik. Gelehrte wie Charles-Louis de Secondat de Montesquieu (1689–1755) forderten zum Wohle der Menschheit und zur Befriedung der Welt die Förderung des Handels und dementsprechend den Abbau von Handelshindernissen.[7]
Vgl. MONTESQUIEU, De l’esprit des Lois 1748, Bd. 2, S. 2–3 [=Liber 20, Kap. 1 u. 2].
Und 1751 fragte François-Vincent Toussaint (1715–1772) in der Encyclopédie nach den wahren Gründen »pourquoi l'aubain ne pourroit-il pas, comme le bâtard, disposer de son bien par testament, du moins en faveur d'un régnicole; ce qui pourtant ne lui est pas permis?«,[8]
TOUSSAINT, Aubaine, in: DIDEROT / D’ALAMBERT, Encyclopédie Bd. 1 (1751), S. 863.
während Louis de Jaucourt (1704–1779) 1756 ebendort festellte: »Enfin s’il est encore des états policés où les lois ne permettent pas à tous les étrangers d’acquérir des biens-fonds dans le pays, de tester & de disposer de leurs effets, même en faveur des régnicoles; de telles lois doivent passer pour des restes de ces siècles barbares, où les étrangers étoient presque regardés comme des ennemis.«[9]
JAUCOURT, Étranger, in: DIDEROT / D’ALAMBERT, Encyclopédie Bd. 6 (1756), S. 71.

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Bereits einige Jahre nach ihrer Veröffentlichung schienen die Kritiken bei der französischen Regierung Gehör gefunden zu haben. Unter Finanzminister L’Averdy (1724–1793)[10]
Clément Charles François de L’Averdy war vom 14.12.1763–20.9.1768 französischer Finanzminister (Contrôleur général des finances).
und Außenminister Choiseul (1719–1785)[11]
Étienne-François de Choiseul war vom 3.12.1758–13.10.1761 sowie vom 10.4.1766–24.12.1770 französischer Außenminister (Secrétaire d'état aux affaires étrangères). Zwischenzeitlich und teilweise parallel fungierte er zudem als Kriegsminister (1761–1770) und Marineminister (1761–1766).
wurde ein bis zur Französischen Revolution dauernder Zeitraum eingeleitet, während dem die Krone in über 60 Abkommen, teils in Form von Verträgen, teils in Form von reziprok gültigen Privilegien, mit nahezu allen für Frankreich handelsrelevanten Ländern und Herrschaften das Droit d’Aubaine ganz oder teilweise aufhob.[12]
Eine Auflistung der Verträge und reziprok erteilten Privilegien findet sich bei SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 335–340. Zahlreiche dieser Abkommen sind online verfügbar in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de und der Base Choiseul des französichen Außenministeriums, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (beide eingesehen am 8. Dezember 2008).
Dennoch war die französische Regierung nicht bereit, das alte Feudalrecht, welches Montesquieu »irrsinnig« nannte[13]
»Il falloit qu'il y eut eu bien peu de commerce dans les païs conquis par ces Barbares. Dans ces temps-là s'établirent les droits insensés d'aubène et de naufrage. Ces hommes pensèrent que les étrangers ne leur étant unis par aucune communication du droit civil, ils ne leur devoient, d'un côté, aucune sorte de justice, & de l'autre, aucune sorte de pitié.« MONTESQUIEU, De l’esprit des Lois 1748, Vol. 2, Liber 21, Kap. 13, S. 63–64.
und das nur wenig einbrachte,[14]
RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 15.
gänzlich abzuschaffen. Zu wichtig schien es ihr als Verhandlungsmasse in der Diplomatie sowie als wirtschaftliches Steuerungsinstrument. Wenngleich Vertreter der Aufklärung in Regierungsgremien saßen und auch Impulse gaben, ging es bei der Einschränkung des Droit d’Aubaine tatsächlich weniger um humanitäre Aspekte und aufklärerische Ideale als um ganz konkreten wirtschaftlichen und politischen Nutzen.[15]
Ebd., S. 25.
Offensichtlich als Reaktion auf diese Einsicht, und weil eine völlige Abschaffung seitens der Regierung nicht gewollt war, verschärfte sich in der zeitgenössischen juristischen, ökonomischen und politischen Fachliteratur die Kritik. Bezeichnend hierfür sind die verschiedenen Ausgaben des von Gabriel Bonnot de Mably (1709–1785) verfassten Werks »Le droit public de l'Europe«: In der Ausgabe von 1748 werden kommentarlos verschiedene Verträge, in denen das Droit d’Aubaine thematisiert wurde, aufgeführt; ebenso in der Auflage von 1761.[16]
Vgl. MABLY, Le droit public 1748, S. 227, 243, 253 und die entsprechenden Seiten in DERS., Le droit public 1761, S. 337, 354 und 364.
In der Ausgabe von 1777 hingegen wird die erste Erwähnung des Droit d’Aubaine mit folgendem kritischen Kommentar, der auch in späteren Ausgaben zu finden ist, ergänzt: »Ce droit d'aubaine est un reste de l'ancienne barbarie du Gouvernement féodal. On a prouvé que ce droit est contraire aux lois de l'humanisé, au progrès du commerce, et aux intérêts bien entendus de chaque prince; il subsiste cependant toujours, qu'en faut-il conclure? Une vérité triviale; c'est que les préjugés et les passions gouvernent le monde.«[17]
DERS., Le droit public 1777, S. 464. Vgl. beispielsweise auch DERS., Œuvres completes 1789, Bd. 6, S. 357.

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Vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Kritik in Gelehrtenkreisen liegt die Gedanke nahe, dass das Thema nun auch in der Öffentlichkeit stärker ins Bewusstsein rückte. Doch die moderne Forschung bezweifelt dies. So schreibt Peter Sahlins 2004: »Historians of the Old Regime, including specialists of French foreign policy and biographers of the key state ministers, have systematically ignored these treaties. And so did contemporary publics: The dismantling of the droit d’aubaine […] was largely invisible, and went virtually unnoticed. Memorialists and chroniclers of the period gave scant attention to the treaties and grants negotiated and conferred between the end of the Seven Years War and the outbreak of the Revolution. Occasionally they published word of a negotiation, the signing and ratification of an international convention, or the registration of treaties and grants made to specific >national< Groups of foreigners by the sovereign courts. But publicists, pamphleteers, and memorialists left no traces of any public discussion much less a debate […].«[18]
SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 13–14.
Wenngleich die Aufhebungsverträge selbst offenbar tatsächlich nur in geringem Maße öffentlich diskutiert wurden, findet sich das Droit d’Aubaine seit den 1760er Jahren immer wieder als literarisches Motiv in der zeitgenössischen Belletristik sowohl innerhalb als auch außerhalb Frankreichs. Allein die Tatsache, dass das Droit d’Aubaine wiederholt Gegenstand belletristischen Schreibens war, offenbart, wie stark das Thema die Zeitgenossen bewegte. Deshalb sollen anders als bei bisherigen Arbeiten[19]
SAHLINS, Unnaturally French 2004. RAPPORT, Languishing Branch 2000 und WELLS, Law 1995.
in diesem Beitrag weniger die Verträge, Dokumente und zeitgenössische Fachliteratur im Fokus stehen, sondern literarische Quellen, die zum Teil, weil offenbar unbekannt, noch keine Beachtung gefunden haben.[20]
So geht lediglich RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 13 und 17 kommentierend auf SMOLLETT, Travels I 1766, S. 16–17 ein, während PARAVICINI, La cour 2002, S. 249, der das Droit d’Aubaine allerdings im spätmittelalterlichen Burgund untersucht, das Zitat aus STERNE, A sentimental journey 1768, S. 1–3 nicht weiter analysiert. Schließlich erwähnt noch SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 347 in der zu S. 14 gehörenden FN 39 GOLDONI, Mémoires hier zitiert nach der Ausgabe von 1822, S. 297–298.
Wenngleich sich dort das Urteil über die unbeliebte Erbbeschränkung nicht grundlegend von dem in der aufklärerischen Gelehrtenliteratur unterscheidet, dient ihre Lektüre einer differenzierteren Beurteilung. Sie verdeutlicht, wie das Droit d’Aubaine wirkte, wie diese Auswirkungen empfunden wurden und wie das Aufgreifen dieses Themas von nicht französischen Autoren über eine sachliche Kritik hinaus auch zur Stützung antifranzösischer Ressentiments instrumentalisiert werden konnte.

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Es waren zunächst britische Autoren, die das Droit d’Aubaine literarisch verarbeiteten. Tobias Smollett (1721–1771) erwähnte es gleich zu Beginn seiner zwischen 1763 und 1765 in Briefform verfassten Reisebeschreibung »Travels through France and Italy«, in der er sehr detailliert über seine Reise von London über Nizza nach Rom und zurück berichtet.[21]
SMOLLETT, Travels 1766, Bd.  I, S. 11–13.
Er entwirft dabei mitunter ein – oft negatives – Bild der Sitten und Kultur im damaligen Frankreich[22]
Siehe hierzu auch KAHRL, Tobias Smollett 1968, S.111–112, BUTT / CARNALL, Mid-eighteenth century 1980, S. 254–256.
und beschreibt die Widrigkeiten, welche eine größere Reise im 18. Jahrhundert mit sich brachte. Nach seiner Überfahrt mit dem Schiff von Dover aus erreichte er Boulogne sur Mer, wo er und seine Familie sich einer Zollkontrolle unterziehen mussten. Die Strenge der Kontrolle, in deren Rahmen Smollett kräftig zur Kasse gebeten wurde und weitere Unannehmlichkeiten über sich ergehen lassen musste, veranlasste ihn zur Klage über die für Fremde höchst ungünstigen französischen Zollgesetze und andere Benachteiligungen. Ausgerechnet Frankreich, so wetterte Smollett, das sich auf seine Höflichkeit und Gastfreundlichkeit so viel einbilde, behandle Fremde so schlecht wie kein anderes Land der Welt. Stürbe ein Fremder in Frankreich, falle alles, was er bei sich habe, dem König zu, selbst dann, wenn Erben vorhanden seien. Diese Droit d’Aubaine genannte Tyrannei beruhe auf der Annahme, dass alles, was in Frankreich lebende Fremde besäßen, dort erworben und verdient worden wäre und deshalb zu Recht im Land bleiben müsse.[23]
SMOLLETT, Travels I 1766, S. 12. »If a foreigner dies in France, the king seizes all his effects, even though his heir should be upon the spot; and this tyranny is called the droit d'aubaine founded at first upon the supposition, that all the estate of foreigners residing in France was acquired in that kingdom, and that, therefore, it would be unjust to convey it to another country.«
Ein Beispiel verdeutlicht dann die Auswirkungen des Droit d’Aubains: »If an English protestant goes to France for the benefit of his health, attended by his wife or his son, or both, and dies with effects in the house to the amount of a thousand guineas, the king seizes the whole, the family is left destitute, and the body of the deceased is denied Christian burial.«[24]
Ebd.

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Smollett, selbst Brite, Protestant und bei schlechter Gesundheit,[25]
Smollett war Schotte, lebte aber seit 1739 die meiste Zeit in London. Längere Reisen unternahm er nach Jamaika, Frankreich und Italien. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er aus gesundheitlichen Gründen in Livorno, wo er auf dem anglikanischen Friedhof, einem der ältesten nichtkatholischen Friedhöfe Italiens, bestattet wurde. WILPERT, Lexikon der Weltliteratur I 1988, S. 1414. Zur Frage der »nationalen« Zugehörigkeit vgl. BOWERS, Reconstituting 1997, S. 2-3.
wählte offenbar dieses Exempel mit seiner konfessionellen Dimension nicht zufällig, denn die Verweigerung eines christlichen Begräbnisses für einen Protestanten im katholischen Frankreich hatte nun nicht unmittelbar etwas mit dem Droit d’Aubaine zu tun.[26]
Mittelbar hatte es insofern Konsequenzen, als auch protestantische Franzosen und protestantische, naturalisierte Fremde, die aus Glaubensgründen geflüchtet waren, unter bestimmten Umständen als Ausländer angesehen wurden, bzw. Erbbeschränkungen, die dem Droit d’Aubaine ähneln, unterworfen waren. Vgl. SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 95, 173, 222–223 und WELLS, Law, 1995, S. 113–117.
Es eignete sich aber hervorragend, um die vom Autor empfundene Ungerechtigkeit der Erbbeschränkung dem Leser besonders drastisch vor Augen zu führen ebenso wie seine Vorbehalte gegenüber Frankreich, das noch vor kurzem im Siebenjährigen Krieg Gegner seines Heimatlandes war. Zudem hatte die Passage offenbar einen ganz konkreten Hintergrund. Es spricht nämlich vieles dafür, dass Smollett durch Laurence Sterne (1713–1768) zu ihr inspiriert wurde. Die beiden Schriftsteller lernten sich während eines Aufenthalts in Montpellier persönlich kennen, aller Wahrscheinlichkeit nach im Spätherbst oder im Winter 1763. Ein gutes halbes Jahr zuvor war Sterne in Toulouse mit dem Droit d’Aubaine und dem Problem konfrontiert worden, einem englischen Protestanten im katholischen Frankreich ein Begräbnis zu bestellen. Dort hatte er sich nämlich mit dem jungen George Oswald angefreundet, einem schwindsuchtkranken Landsmann, dem er am Krankenbett Beistand leistete. Als Oswald am 1.3.1763 verstarb, kämpfte Sterne um dessen Nachlass, der aufgrund des Droit d’Aubaine eingezogen werden sollte, und um dessen Begräbnis, das man dem Verstorbenen aufgrund seiner Konfessionszugehörigkeit verweigern wollte. Dass Sterne über diese aufwühlenden Geschehnisse sprach, ist wahrscheinlich, aber es war schließlich seine Frau Elizabeth, die Smollett die Geschichte erzählte.[27]
CASH, Laurence Sterne 1986, S. 159–168 und THOMSON, Laurence Sterne 1991, S. 323–329.

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Diese Begebenheit wirft ein interessantes Bild auf die bisherige Forschung, welche die belletristische Literatur außer Acht ließ. Aufgrund der rechtlichen Quellen wurde davon ausgegangen, dass »[the ] English [and Scottish, compared with Irish clerics and merchants] were less affected by the law, for they enjoyed a more privileged status and tended to be exempted from the droit d’aubaine, according to the jurisprudence of the Old Regime, for their movable properties, even in times of war.«[28]
SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 202.
Dies liegt auch nahe, denn zum einen ist in der zeitgenössischen Rechtsliteratur zu lesen, dass Fremde, die in Toulouse lebten, vom Droit d’Aubaine befreit gewesen seien.[29]
DENISART, Collection, Bd., 1766, S. 169–170.
Zum anderen waren speziell die Untertanen Großbritanniens durch den 1713 geschlossenen Handelsvertrag von Utrecht, der in den Friedensverträgen von 1748 und 1763 bestätigt wurde, nur noch für Immobilien, nicht aber für mobile Güter dem Droit d’Aubaine unterworfen.[30]
Vgl. den Handels- und Schifffahrtsvertrag von Utrecht, Frankreich, Großbritannien, 1713 IV 11, Art. 13, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de. Bestätigt wurde diese Erbreglung durch ein Edikt des französischen Königs vom 19. Juli 1739, abgedruckt in: ISAMBERT u.a., Recueil général 1830, Bd. 22, S. 124 sowie durch den Friedensvertrag von Aachen mit Frankreich, Generalstaaten, Großbritannien 1748 X 18, Art. 3 und den Friedensvertrag von Paris, Frankreich, Großbritannien, Spanien 1763 II 10, Art. 2, beide in: DUCHHARDT / PETERS, www.ieg-friedensvertraege.de, letzterer mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (alle Websites am 8. Dezember 2008 eingesehen). Siehe zudem DENISART, Collection, Bd. 1.1, 1766, S. 101 und SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 171 u. 202.
Offenbar gewährten solche Abkommen nicht immer Rechtssicherheit, was Smolletts Unmut erklärt und für die Geschichtswissenschaft neue Fragen aufwirft, wenngleich bereits aus der Untersuchung von Charlotte Wells hervorgeht, dass Vertrag und Vertragsumsetzung sowie Rechtsnorm und Rechtspraxis nicht immer konform waren.[31]
Bei WELLS, Law 1995, S. 39–41 oder 105f.
Smollett bemerkt zudem noch, dass Schotten – tatsächlich handelte es sich lediglich um jene, die Jakob II. ins französische Exil gefolgt waren, und deren Nachkommen – ebenso wie Eidgenossen aufgrund alter Bündnisse mit Frankreich von diesem »Despotismus« ausgenommen seien.[32]
Zu den Abkommen zwischen Frankreich und Schottland bzw. Schweizer Eidgenossenschaft siehe BONNER, French Naturalization 1997, S. 1085–1107 und SEELMANN, Aufhebungen 2008, Abschn. 84–88.
Auch weist er zumindest darauf hin, dass neben dem französischen König auch einige deutsche Fürsten das Droit d’Aubaine ausübten. Ganz auf Linie der Enzyklopädisten und anderer Gelehrter der Aufklärung stellt sich seine abschließende Erläuterung zu diesem Thema dar. In Hinblick auf die Auswirkung des alten Feudalrechts meint er: »[…] it is a great discouragement to commerce, and prejudices every country where it is exercised, to ten times the value of what it brings into the coffers of the sovereign.«[33]
SMOLLETT, Travels I 1766, S. 12.

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Unmittelbar nach Erscheinen von Smolletts Reisebeschreibung verfasste der in Irland geborene englische Schriftsteller Laurence Sterne (1713–1768) gleichfalls einen Reiseroman, dessen erster Teil im Februar 1768, nur 3 Wochen vor dem Tod des Autors,[34]
CASH, Laurence Sterne 1986, S. 323–329.
veröffentlicht wurde und auch außerhalb Großbritannien großen Erfolg hatte.[35]
STERNE, A sentimental journey 1768. Bereits im gleichen Jahr erschien das von Johann Joachim Christoph Bode (1730–1793) übersetzte Buch unter dem Titel »Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien« und nur ein Jahr später (1769) erschien in Amsterdam die von Joseph Pierre Frénais übersetzte französische Fassung.
Sterne nahm unübersehbar Bezug auf Smolletts Werk.[36]
MILIC, Sterne and Smollett’s 1956, S. 80–81.
Mit »A sentimental journey through France and Italy« wählte er einen fast identischen Titel, ergänzte ihn allerdings um das Adjektiv »sentimental«, eine kleine aber bedeutende Änderung. Trotz zahlreicher Parallelen stehen die Werke Sternes und Smolletts in krassem Gegensatz zueinander. Sternes Reisebeschreibung besteht aus höchst unterhaltsamen, teils phantastischen Episoden, bei denen der Leser an den Erlebnissen des Protagonisten Teil hat sowie an dessen sinnlichen Eindrücken und seelischen Empfindungen. Sternes Roman wird dadurch zu einem Schlüsselwerk der Empfindsamkeit.[37]
Vgl. WILPERT, Lexikon der Weltliteratur I 1988, S. 1445–1446 und RICHARDS, Era of Sensibility 2005, S. 235.
 
Es ist Reverend Yorick – Ich-Erzähler und alter ego des Verfassers –, der bei Sterne die Reise unternimmt. Wie bei Smollett steht an deren Beginn die Überquerung des Ärmelkanals, allerdings ohne dass Sterne ausführlich darauf eingeht. Gleichfalls bietet die Ankunft in Frankreich die Gelegenheit, die französische Erbregelung für Fremde zu attackieren: Kaum ist der Romanheld in Calais angekommen, begibt er sich zum Mittagstisch und isst frikassiertes Huhn. Als Fremder in Frankreich kommt ihm just beim Essen folgender etwas absurde Gedanke: »… had I died that night of an indigestion, the whole world could not have suspended the effects of the droits d'aubaine; – my shirts, and black pair of silk breeches, – portmanteau and all, must have gone to the King of France; – even the little picture which I have so long worn, and so often have told thee, Eliza, I would carry with me into my grave, would have been torn from my neck!«[38]
STERNE, A sentimental journey 1768, S. 2–3.
Ebenso wie Smollett kritisiert Sterne das Droit d’Aubaine, dessen Auswirkungen er selbst kennen gelernt hatte.[39]
Siehe oben Abschnitt 6.
Er bringt dann sogar noch eine weitere Komponente ins Spiel: »Ungenerous! to seize upon the wreck of an unwary passenger, whom your subjects had beckoned to their coast!«[40]
STERNE, A sentimental journey 1768, S. 3.
Die Erwähnung eines Wracks an der französischen Küste lässt den Leser an Schiffsbruch und das damit verbundene Droit de Naufrage denken. Dieses Recht erlaubte dem Souverän, Vermögen aus Schiffsbruch einzuziehen und die Schiffbrüchigen zu seinen Untertanen zu machen. Allerdings fand es in dieser Form keine Anwendung mehr. Darüber hinaus war zwischen Frankreich und Großbritannien die Rechtslage bei Schiffsbruch im Handels- und Schifffahrtsvertrag von Utrecht geregelt.[41]
Vgl. den Handels- und Schifffahrtsvertrag von Utrecht, Frankreich, Großbritannien, 1713 IV 11, Art. 33, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (eingesehen am 8. Dezember 2008).

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Die beiden das Droit d’Aubaine behandelnden Romananfänge verbindet schließlich noch eine Parallele. Sterne widmet sich ebenfalls dem Widerspruch zwischen dem zivilisatorisch-kulturellem Anspruch Frankreichs[42]
Smollett spricht von Höflichkeit und Gastfreundschaft.
einerseits und dessen diskriminierender Fremdengesetzgebung andererseits: »By heaven! Sire, it is not well done; and much does it grieve me, 'tis the monarch of a people so civilized and courteous, and so renowned for sentiment and fine feelings, that I have to reason with!«[43]
STERNE, A sentimental journey 1768, S. 3.
Allerdings unterscheidet Sterne zwischen dem König und dessen Untertanen und bedient anders als Smollett eben nicht mit mürrischer Polemik antifranzösische Ressentiments. Bei aller Kritik bleibt Sterne amüsant, ein wenig selbstironisch und letztendlich versöhnlich: »When I had finished my dinner, and drank the King of France's health, to satisfy my mind that I bore him no spleen, but, on the contrary, high honour for the humanity of his temper, – I rose up an inch taller for the accommodation.«[44]
Ebd. S. 4.
Ein auf den ersten Blick unbedeutendes Detail sollte schließlich Erwähnung finden. Der Begriff »Droit d’Aubaine« ist bereits in der ersten Auflage von Sternes »Sentimental Journey« mit einer erklärenden Fußnote versehen.[45]
Ebd. S. 2–3.
Autor oder Verleger gingen folglich davon aus, dass eine Mehrzahl von Lesern – zunächst wohl vor allem ein britisches Publikum – 1768 mit der Bedeutung des Begriffs nicht vertraut war. Das zeigt, dass doch weniger Briten vom Droit d’Aubaine betroffen und dementsprechend mit ihm vertraut waren, als dies die emotionale Behandlung des Themas in der Literatur nahe legt.[46]
Um hier genaue Aussagen machen zu können, müssten folgende Fragen geklärt werden: Wie viele Briten hatten Besitz in Frankreich und verstarben ohne eine »lettres de naturalisation«? Wie viele von den naturalisierten Briten hatten keine in Frankreich lebenden Verwandten? Wie viele Reisende kamen privat oder geschäftlich nach Frankreich und starben dort? – Wenngleich diese Fragen hier nicht geklärt werden können, liegt doch die Annahme nahe, dass die Zahl der vom Droit d'Aubaine Betroffenen eher gering gewesen sein dürfte.
Das mag durch die Vertragslage bedingt gewesen sein, denn trotz der zuvor dargestellten Ausnahme waren ja bewegliche Güter prinzipiell nicht betroffen, so dass Reisende oder Kaufleute in der Regel von ihm verschont blieben. Zudem war die in den 1750er Jahren in Frankreich einsetzende Diskussion um das Droit d’Aubaine noch vergleichsweise jung. Insofern ist Michael Rapport zumindest bedingt recht zu geben, wenn er bezüglich Smolletts Kritik im Jahr 2000 schreibt: »In his fury, however, Smollett had given the droit d’aubaine more significance than it deserved in the later eighteenth century. It was not applied uniformly over the kingdom and there were loopholes through which some foreigner could escape it’s full weight. […] The aubaine was not attacked in the eighteenth century because it was onerous, but for what it symbolized: ‘feudalism’.«[47]
RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 17.
 
Allerdings relativieren die zahlreichen zwischenstaatlichen Verträge, die seit den 1760er Jahren bis zur französischen Revolution geschlossen wurden, diese Aussage, da mit ihnen wohl kaum nur ein Symbol des Feudalismus beseitigt werden sollte. Dies gilt umso mehr, als häufig die Initiativen zur Aufhebung oder Reduzierung des Droit d’Aubaine nicht vom französischen König, sondern von den Vertragspartnern ausgingen, wie entsprechende Formulierungen in zahlreichen Abkommen belegen.[48]
Formulierungen wie folgende finden sich häufig in den Präambeln der Aufhebungsverträge bzw. der Lettres patentes: »Le Serenissime Grand Maitre del’Ordre Teutonique aiant fait connoitre au Roi le desir qui'il auroit que les liaisons de voisinage, commerce et bonne correspondance, qui sont entre les Sujet de la France et ceux des Etats et Terres dudit Ordre […] fussent affermies et augmentées par l’exemption réciproque du Droit d’aubaine, et Sa Majesté Très Chrétienne s’étant trouvée animée du même esprit[…].« Zitiert ist hier aus der Konvention von Brüssel über die Aufhebung des Droit d'aubaine, Deutscher Orden, Frankreich, 1774 IV 17 in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (eingesehen am 8. Dezember 2008).
Offensichtlich wurde die französische Erbbeschränkung in vielen Ländern nach wie vor als wirkliche Belastung empfunden und die diesbezüglich neue Politik Frankreichs gerne gesehen.

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Dass ausgerechnet zwei britische Schriftsteller das Droit d’aubaine zu diesem Zeitpunkt thematisieren, erklärt ein Blick auf die historischen Umstände. Beide Autoren verarbeiten in ihren Werken ihre eigenen Reisen nach Frankreich,[49]
Sterne brach im Januar 1762 nach Frankreich auf, während Smolletts erster Roman-Brief auf den 23 Juni 1663 datiert ist. Zu den Biographischen Daten des ersteren vgl. ALTMANN, Sterne, in: BBKL 20 (2002), Sp. 1370–1432. Zum Treffen der beiden Schriftsteller siehe auch HOWES, Laurence Sterne 1995.
deren Beginn in die Zeit des Siebenjährigen Krieges bzw. kurz nach dessen Ende fällt.[50]
Beendet wurde der Krieg mit dem Friedensvertrag von Paris, Frankreich, Großbritannien, Portugal, Spanien 1763 II 10 in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (eingesehen am 8. Dezember 2008).
Sterne, der bereits 1762 nach Frankreich gereist war, hielt sich zunächst in Paris auf, wo er zahlreiche Bekanntschaften machte, darunter Louis François de Bourbon Prince de Conti (1717–1776), Vetter des Königs und Rousseauförderer, sowie die Enzyklopädisten Denis Diderot (1713–1784) und Paul Henri Baron d'Holbach (1723–1789).[51]
ALTMANN, Sterne, in: BBKL 20 (2002), Sp. 1370–1432.
Er traf also mit Persönlichkeiten zusammen, die sich mit Fragen der Liberalisierung des Handels beschäftigten und bei denen eine kritische Haltung zum Droit d’aubaine vorausgesetzt werden kann. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er dort Kenntnis von der Debatte bekommen hatte. Hinzu kommt Sternes Erfahrung, die er durch den Tod von Georg Oswald gemacht hatte. Smollett hatte in Montpellier sicher mit Elizabeth Sterne und wahrscheinlich mit Laurence Sterne Kontakt, so dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass sie über das Droit d’Aubaine, gesprochen haben. Darüber hinaus war der Siebenjährige Krieg zum einen von Konfiskationen von Gütern englischer Landbesitzer in Frankreich begleitet und zum anderen von einer antienglischen Publizistik, in der die »französische Nation« in Abgrenzung und Gegensatz zum »Englischen« definiert wurde, was Smolletts antifranzösische Ressentiments erklärt. Vor dem Hintergrund des Krieges ist auch fraglich, inwieweit die vertraglichen Vereinbarungen zum Droit d’Aubaine bezüglich mobiler Güter durchgängig von Seiten Frankreichs eingehalten wurden, gleichwohl sie auch in Kriegszeiten Gültigkeit behalten sollten.[52]
Vgl. SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 202.
Eben diese Rechtsunsicherheit, die es bei einer generellen gesetzlichen Abschaffung so nicht gegeben hätte, spielte offenbar eine Rolle, als Smollett wie auch Sterne das Droit d’Aubaine in ihren Büchern thematisierten. So lässt sich in Bezug auf Michael Rapport festhalten, dass das Droit d’Aubaine im 18. Jahrhundert zwar sicherlich auch als Symbol des Feudalismus in der Kritik stand, aber eben nicht ausschließlich.[53]
Vgl. oben.

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Das Droit d’Aubaine und die mit ihm verbundene Rechtsunsicherheit greift auch Pigault-Lebrun (1753–1835) in seinem wohl bekanntesten Roman »L’Enfant du Carnaval« auf, dessen Erstveröffentlichung im Jahr 1796 erfolgte.[54]
PIGAULT-LEBRUN, L'Enfant du carnaval 1796. In der Literatur findet sich als Herausgabejahr für die Erstausgabe gelegentlich das Jahr 1792. Vgl. beispielsweise Meyers Konversations-Lexikon, Leipzig, Bd. 13, 1888, S. 51. Allerdings konnte keine Ausgabe aus jenem Jahr nachgewiesen werden. Zudem nennt die neuere Literatur in aller Regel 1796 als Erscheinungsjahr, vgl. JONES, Rezension 1990, S. 268, LUDLOW, Pigault-Lebrun 1973, S. 368.
Anders als bei den beiden Reiseromanen stellt sich bei Pigault-Lebrun dieses Motiv jedoch nicht nur als eine zwar aussagekräftige, aber letztlich nebensächliche Kuriosität dar, sondern wird im ersten Teil des Romans zu einem mitbestimmenden, die Dramatik steigernden Element: Das »Enfant du Carnaval« wird am Fastnachtssonntag 1764 bei einem Liebesabenteuer zwischen der Gouvernante Suson und einem Geistlichen gezeugt. Der Knabe wächst heran und läuft noch im Kindesalter weg, findet aber Dank seines Glückes in Paris eine Anstellung bei einem englischen Lord und dessen Tochter Juliette, die ihm den Namen Happy gibt. Hier erhält er seine Erziehung, lernt Lesen, Schreiben, Malen und wird dem Lord schließlich ein Freund. Auch das Herz von Juliette kann er gewinnen, die allerdings den reichen englischen Geschäftsmann Abell heiraten soll, dessen Liebe sie jedoch zurückweist. Im Laufe der Geschichte möchte dann der wohlhabende Lord auf Anraten seines Arztes zum Wohle seiner Gesundheit in guter Luft und schöner Umgebung ein Anwesen erwerben. Der Berater des Lords weist auf die Notwendigkeit hin »d’obtenir des lettres de naturalisation pour garantir sa fille des petits inconvéniens du droit d’aubaine, que le brigandage [!] imagina autrefois et que les souverains maintiendront tant qu’ils pourront, parce qu’ils y trouvent leur compte.«[55]
PIGAULT-LEBRUN, L'Enfant du carnaval 1796, S. 170.
Der Lord bittet daraufhin den Berater alles Notwendige zu veranlassen; ein geeignetes Anwesen wird gefunden und erworben.

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Das »Räuberwesen«, das hier noch als Nebensächlichkeit erscheint, wird keine 40 Seiten später zu einem entscheidenden Motiv. Vor dem Hintergrund des von Frankreich unterstützten amerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775–1783) gegen England wird der Lord wegen antifranzösischer Ansichten verhaftet. Happy versucht zwar die Verhaftung zu verhindern, kann aber lediglich Juliette in Sicherheit bringen. Kurze Zeit später erfahren die beiden, dass der alte Lord verstorben ist. Zum Trauerschmerz der beiden kommt nun auch der Verlust von Juliettes Erbe hinzu, denn die »lettres de naturalisation n’étaient pas encore expédiées, toute sa fortune passe au trésor royal: Juliette est ruinée sans ressources.«[56]
Ebd. 206.
Die beiden müssen sich vor der Staatsgewalt verstecken. Kaum hat sich ihre Lage etwas gebessert, gerät Juliette erneut in Schwierigkeiten. Happy, unterstützt vom unglücklich verliebten Abell, der inzwischen auch sein Freund geworden ist, kann Juliette retten. Abell streckt schließlich dem durch das Droit d’Aubaine mittellosen Liebespaar Geld vor und empfiehlt den beiden, sich weiterhin versteckt zu halten, wenngleich er eigentlich glaubt: »Le gouvernement a hérité de Mylord, et il lui est indifférent que Madame soit au couvent ou ailleurs.«[57]
Ebd. 222.
Mit dem Versprechen, sich um das in England verbliebene Erbe des verstorbenen Lords zu kümmern, bricht Abell auf, womit der erste, das Droit d’Aubaine betreffende Romanteil endet.

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Gleich in drei seiner Werke geht Jean Paul (1763–1825)[58]

Eigentl. Johann Paul Friedrich Richter. Zu den biografischen Daten siehe WITT, Paul, in: BBKL 2 (1990), Sp. 1587–1593 sowie SCHWEIKERT / SCHMIDT-BIGGEMANN / SCHWEIKERT, Chronik 1975.
auf das Droit d’Aubaine ein. Erstmals findet sich das Motiv in der »Rede, womit ich die Tugend zum Leben überreden wollte, da sie gestorben war«.[59]
JEAN PAUL, Auswahl 1826, S. 228–234.
Der Text, der frühestens im Herbst 1786[60]
Gleich im ersten Satz heißt es: »Das Ableben der Tugend ist so wenig eine Neuigkeit mehr als das des Königs in Preußen […].« Bei letzterem handelt es sich um Friedrich II., der am 17. 8.1787 starb.
begonnen wurde, ist Teil der Satirensammlung »Auswahl aus des Teufels Papieren«, die nach mehrmaligem Aufschub 1789 veröffentlicht wurde.[61]
MEIER (Hg.), Briefe an Jean Paul I 2003, S. XIV.
Er entstand folglich in einer Zeit, in der Jean Paul und seine Familie materielle Not litten,[62]
Im November 1784 musste Jean Paul sein Theologiestudium in Leipzig aufgeben. Er floh vor seinen Gläubigern nach Hof zu seiner Mutter, die nach dem Tod ihres Mannes (1779) und ihres Vaters (1780) selbst Schwierigkeiten hatte, sich und die jüngeren Brüder Jean Pauls zu versorgen. 1786 starb Jean Pauls Freund Adam Lorenz von Oerthel. 1787 übernahm Jean Paul eine Hofmeisterstelle auf dem Rittergut in Töpen, wodurch sich die Lage der Familie bessert. Vgl. MEIER (Hg.), Briefe an Jean Paul I 2003, S. XIII–XIV und WITT, Paul, in: BBKL 2 (1990), Sp. 1587–1593.
die vom Tod seines Freundes Adam Lorenz von Oerthel überschattet war und in der in Frankreich noch das »Ancien Regime« herrschte. Letzteres ist insofern von Bedeutung, da der zu jener Zeit in Hof lebende Autor immer wieder seinen Blick auf Frankreich und die dortigen Verhältnisse richtete. Inhaltlich geht es in der mit zahlreichen kuriosen Anspielungen und Doppeldeutigkeiten angereicherten Satire um den Tod der Tugend, die dem »Franzosen«, d.h. der Syphilis und im übertragenen Sinn dem französischen Materialismus erlegen ist.[63]
KÖPKE, Erfolglosigkeit 1977, S. 178.
Dabei sind der Ich-Erzähler, später Testamentsvolltrecker und Leichenredner sowie ein Teil der Todsünden anwesend. Tatenlos schauen Sie zu, wie der Teufel der Tugend den Garaus macht. Diese allegorische Situation am Sterbebett als Grundidee wird dann jedoch nicht weiter zu einer entsprechenden Handlung entwickelt. Stattdessen folgt »ein Geranke von anspielungsreichen Reden, vor allem des Ich-Autors, die gleichzeitig ein Spiel mit allegorischen Formen darstellen.«[64]
Ebd.
In einem verwirrenden metaphorischen Feuerwerk nimmt Jean Paul Bezug auf die Lebensverhältnisse seiner Zeit. Mit einer Fülle kurz aufleuchtender Allusionen werden (Doppel-)Moral, Adelsprivilegien, bourbonisches wie habsburgisches Spitzelsystem, Fürst, Reliquienkult, Kirche und vieles mehr unter Beschuss genommen, darunter auch das Droit d’Aubaine. Als Testamentsvollstrecker merkt der Erzähler an, »daß ihre [d.h. der Tugend] Kleider gar nicht ins Testament kommen konnten, da sie in Paris verstarb und folglich als eine Fremde ihren ganzen Anzug dem Könige in Frankreich nach dem droit d’Aubaine hinterlassen musste […]«.[65]
JEAN PAUL, Auswahl 1826, S. 230.
Das Motiv des Droit d’Aubaine kannte Jean Paul in dieser Form möglicherweise aus Sternes »Sentimental journey«.[66]
Jean Paul war mit Sternes Werkes vertraut, wie vielfach festgestellt wurde und wie der Autor selbst bereits in den 1783 in den »Grönländischen Prozessen« erschienen Satiren »Über die Schriftstellerei« und »Bittschrift aller Deutscher Satiriker an das deutsche Publikum« andeutet. Vgl. KOMMERELL, Jean Paul 1966, S. 17–18 u. 275 und JEAN PAUL, Sämmtliche Werke 1843, S. 16 u. 70.
Dafür spricht zumindest, dass auch hier ausgerechnet Kleider die Hinterlassenschaft sind. Entsprechend gut kann Jean Paul das Motiv metaphorisch im Sinne von »einen bis aufs letzte Hemd ausziehen« verwenden.[67]
Zu dieser Redewendung siehe unter dem Lemma »Hemd« in: GRIMM, Wörterbuch, Bd. 4.2, Teilbd. 10, Sp. 980–985.
Das Droit d’Aubaine leuchtet hier, wie auch zahlreiche andere Motive, nur kurz als Assoziationsimpuls auf, spielt aber für die weitere Handlung keine Rolle mehr. Es steht als Symbol für den überkommenen Feudalismus[68]
Vgl. RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 17.
und führt den Leser durch die Angabe des Sterbeorts gedanklich zurück auf die Todesursache, nämlich den »Franzosen«.

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Im »Titan«, den Jean Paul selbst als »Kardinalroman« bezeichnete,[69]
SCHÖNBERG, Anti-Titan 1994, S. 146 und Eduard BEREND in: DERS. (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. V.
wird das Droit d’Aubaine im 46. Zykel der Neunten Jobelperiode erwähnt.[70]
BEREND (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. 207–212.
Das betreffende Kapitel gehört zum ersten, 1800 erschienenen Band des insgesamt vier- bzw. sechsbändigen Werkes,[71]
Der zwischen 1800 und 1803 erschienene Roman »Titan« besteht aus vier Bänden sowie dem zweibändigen Anhang mit dem Titel »Komischer Anhang zum Titan«.
in dem sich der Autor kritisch mit ästhetischen, philosophischen und politischen Fragen seiner Zeit auseinandersetzt.[72]
Vgl. hierzu ausführlich SCHÖNBERG, Anti-Titan 1994. S. 147–159.
Der Roman erzählt die Geschichte des Jünglings Albano, eines Fürstensohns, der ohne Kenntnis seiner Herkunft bei Pflegeeltern aufgewachsen ist. Im Laufe der Handlung entwickelt sich der Romanheld vom leidenschaftlichen Jüngling zum gereiften Mann. In Auseinandersetzung mit den anderen Romanfiguren, nämlich Roquairol, Schoppe, Gaspard, Linda und Liane, die wie Titanen versuchen über die Grenzen der Menschheit hinauszustreben, aber letztlich an ihrer Einseitigkeit scheitern, reift Albano zu einem »vielkräftigen« Individuum heran und besteigt schließlich den Thron des kleinen Fürstentums Pestitz.[73]
Die hier geschilderte Rahmenhandlung spiegelt deutlich Jean Pauls Auseinandersetzung mit ästhetischen Fragen wider: Im Mai 1798 erklärt er, dass der »Titan« gegen die ungleiche, einseitige Ausbildung gerichtet sei, insbesondere gegen den Künstleregoismus, dessen Ausartung Schillers Xenien belegten, (vgl. BEREND in seiner Einleitung, in: DERS (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. L). Und auch Ende des gleichen Jahres schreibt er:»Mein Titan ist und wird gegen die algemeine Zuchtlosigkeit des Säkulums gewafnet, gegen dieses irrende Umherbilden ohne ein punctum saliens – gegen jede genialische Plethora, d. i der Parzialität – gegen die ästhetische (artistische) und philosophische Trennung des Ichs von der Beschauung […]« zitiert nach BEREND (Hg.), Jean Paul 3.3: Briefe 1959, S. 129.
Jean Paul nahm sich für den »Titan« nach eigenen Angaben vor, dem komischen Element genügend Raum zu lassen, mehr lächerliche als gute Charaktere zu verwenden und das Rührende meist komisch zu beschreiben. Alle Leidenschaften wollte er vertreten wissen: Feine Seelenszenen mit spannenden äußeren Auftritten sowie höchste Leichtigkeit des Stils mit der Fülle aus dem Wörterbuch sollten hier vereinigt werden.[74]
BEREND in DERS. (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. XXVIII.
Für den 46. Zykel trifft besonders letzteres unbestritten zu. Mit zahlreichen Allusionen, Metaphern und Doppeldeutigkeiten, die ohne entsprechende Kenntnisse kaum zu verstehen sind, wird das Paradebegräbnis des Fürsten samt der Heuchelei der Trauergäste geschildert. Vom Fenster aus beobachtet Albano gemeinsam mit seinem Mentor Schoppe das Geschehen, als Sara, die Frau des Doktors, sich mit ihren Kindern nähert, um es den Beiden gleich zu tun. Schoppe fängt Sara an der Schwelle ab und fragt sarkastisch, ob auch sie so viel Anteil an der allgemeinen Landesfreude und der erwünschten Hoftrauer nehme. Es folgt ein durch kleine erzählerische Einschübe unterbrochenes Gespräch, bei dem Schoppe jedoch über weite Strecken allein spricht und zwar über die Verwendung von unterschiedlichen Trauerfarben in der Welt sowie über Fürstenbegräbnisse und die damit verbunden Kosten. Er fragt: »Und könnt’ er [der Landesherr] […] es verantworten, daß sein letzter Akt ein droit d’Aubaine, eine Beraubung wäre und daß das Sterbebett, worauf man sonst Bedienten und Armen Kleider vermacht, ihnen welche auszöge?«[75]
Ebd. S. BEREND (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. 210.

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Wie bei der zuvor besprochenen Satire (»Rede, womit ich die Tugend… .«) wird das Droit d’Aubaine nur kurz angesprochen, ohne dass es für den weiteren Handlungsverlauf noch von Bedeutung wäre. Auch die Kleidung findet wieder Erwähnung. Allerdings hat Jean Paul das Motiv bzw. dessen Effekt auf raffinierte Weise weiterentwickelt. Dabei sei vorweggeschickt, dass, als der »Titan« entstand, das Droit d’Aubaine in Frankreich (vorübergehend) abgeschafft war, was der Grund sein könnte, weshalb anders als bei der zuvor besprochenen Satire hier der Frankreichbezug fehlt. Jean Paul verwendet den Begriff zunächst als Metapher für eine unrechtmäßige Aneignung von Eigentum oder, wie er es selbst ausdrückt, für eine »Beraubung«, eine Interpretation, welche die Zeitgenossen durchaus teilten oder zumindest verstanden. Wenn jedoch der Autor beide Ausdrücke letztlich synonym benutzte, hätte er zur Formulierung der Grundaussage des Satzes nur einen der beiden Ausdrücke benötigt. Auf »Beraubung« konnte er aus Gründen der Eindeutigkeit nicht verzichten, letztlich aber auch nicht auf das »Droit d’Aubaine«, das nämlich als Assoziationsimpuls eine entscheidende Funktion hat. Durch seine Verwendung im gegebenen Zusammenhang entsteht – und das ist Jean Pauls Anspruch – eine »witzige«[76]
Hier wohl im Sinne von geistreich. Zur damaligen Bedeutung des Wortes siehe GRIMM, Wörterbuch Bd. 14.2, Teilbd. 30 (1960), Sp. 891–903.
Gedankenkette, die schließlich die ursprüngliche Wortbedeutung ad absurdum führt: Durch das Droit d’Aubaine fällt normalerweise das Vermögen eines (fremden) Verstorbenen an den König bzw. Fürsten. Nun ist es aber der König, der verstorben ist. Der Leser, durch den Ausdruck Droit d’Aubaine und die verkehrte Situation geködert, ist nun geneigt die vermeintliche Analogie weiterzuentwickeln und kommt zu dem Schluss, dass der tote König den Lebenden etwas vererben müsste. Damit sich der Rezipient auf alle Fälle auf diesen gedanklichen Weg begibt, erinnert Jean Paul an den Brauch, Armen und Bediensteten die Kleider des Toten zu geben. Der Rezipient wird zwar diesen Irrweg mitgehen, sich aber schließlich erinnern, dass es hier der tote König ist, der die Armen und Bedienstete, sprich Untertanen, »beerbt«, weil sie es sind, die letztlich für das Begräbnis aufkommen müssen und sozusagen »ihr letztes Hemd lassen müssen«.[77]
Vgl. oben FN 56.
Der so sensibilisierte Leser wird die eigentliche Frage, ob der (verstorbene) Fürst es verantworten könne, eine kostspielige Landestrauer anzuordnen, nun um so entschiedener mit »nein« beantworten bzw. dem »nein« des Autors zustimmen, der dann ironisch fortfährt, dass so etwas einem Regenten nicht ähnlich sehe und schon zum nächsten allusiven Schlag ausholt. Jean Paul hat im »Titan« das Droit d’Aubaine als literarisches Motiv höchst raffiniert eingesetzt, um, ohne plump zu werden, Fürstenkritik zu üben und zugleich seinen literarisch-ästhetischen Ansprüchen zu genügen.

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Ein drittes Mal verwendete Jean Paul das Motiv in der politischen Schrift »Mars und Phöbus; Thronwechsel im Jahre 1814 – eine scherzhafte Flugschrift«,[78]
BEREND (Hg.), Jean Paul 1.14: Polit. Schriften 1933, 153–182.
und zwar nun wieder vor einem realen Hintergrund, denn Napoleon hatte das Droit d’Aubaine, wenn auch modifiziert, 1803 wieder eingeführt.[79]
Vgl. oben FN 1.
Der Text entstand gemeinsam mit drei weiteren politischen Schriften zwischen 1807 und 1813/14 in Reaktion auf die Kriege und die Herrschaft des Korsen.[80]
Zu Jean Pauls politische Schriften BADE, Politische Schriften 1974.
Jean Paul schrieb gegen Gewalt sowie die herrschenden politischen Verhältnisse im Reich. Er stand Napoleon als Gestalter einer neuen Ordnung zunächst positiv gegenüber. Das änderte sich 1812/13, was sich auch in »Mars und Phöbus« niederschlägt.[81]
Obwohl »Mars und Phöbus« zahlreiche Anspielungen auf Napoleon enthält, geht BADE in ihrem Kapitel zum Verhältnis Jean Paul-Napoleon (Ebd., S. 62–73) nicht auf diese Schrift ein.
Jean Paul verfasste die Schrift im Dezember 1813 als Neujahrsaufsatz für das Morgenblatt, welches jedoch die Drucklegung aus Gründen der Zensur ablehnen musste. So erschien sie erst 1814, nun jedoch in erweiterter Fassung und als eigenständiges Werk.[82]
BEREND, in DERS. (Hg.), Jean Paul 1.14: Polit. Schriften 1933, S. XXVII–XLVII vor allem XXXVIII.
Anlass zu »Mars und Phöbus« gab die Befreiung »Deutschlands« von der Napoleonischen Herrschaft. Der Titel nimmt darauf Bezug ebenso wie auf die Tatsache, dass die Schrift als Neujahrsaufsatz konzipiert war. Nach alter astrologischer Vorstellung stand nämlich das abgelaufene Jahr 1813 unter der Herrschaft des Mars und das neu anbrechende Jahr unter der des Phöbus, d.h. des Sonnengottes.

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Erzählt wird von einem phantastischen Sylvesterball, auf dem zur vormitternächtlichen Stunde Mars als scheidender und Phöbus als künftiger Regent zwecks Regierungsübergabe zum Jahreswechsel erscheinen. Reden, adressiert an die »Herrn Deputierten der Erde«, werden gehalten, die der Autor als Rahmen nimmt, um »in gewohnten bunten Bildern und Gleichnissen treffende Wahrheit unter lachenden Scherz versteckt und mitunter auch beissenden Salz genug auszuschütten.«[83]
O.A.: Rezension 1814, S. 307.
Der Hofnarr des Mars hält die erste Rede, in der er den »Herren Abgeordneten Deutschlands das politische Budget ihres glorreichen Regimentjahres«[84]
BEREND (Hg.), Jean Paul 1.14: Polit. Schriften 1933, S. 165.
vorlegt. Dabei lässt er es sich nicht nehmen, auch den deutschen Führungseliten kritisch den Spiegel vorzuhalten, indem er beispielsweise in Bezug auf die Finanznot auf die Rahmenhandlung rückreflektierend ironisch erklärt, dass die »Herren jetzo gewiß nur Geld zu Sylvesterbällen, Spielpartien und andere kleinen elenden Ausgaben, aber nicht zu großen für Bücher, für Wissenschaften und Künste, für öffentliche Anstalten etc besitzen.«[85]
Ebd. S. 167.
Allem voran werden aber Krieg, Zensur sowie Napoleonische Herrschaft aufs Korn genommen und im Zusammenhang mit letzterem auch das Droit d’Aubaine. Im Hinblick auf die französischen Eroberungen erklärt der Hofnarr: »Freilich in so fern manches Land von Deutschland als ein ganz fremdes Land, also als ein Fremder, z.B. das Hanseatenland,[86]
Hamburg wurde im November 1806 von französischen Truppen besetzt. Strategisches Ziel war die Durchsetzung der Kontinentalsperre, was für die Hansestadt aufgrund der engen Handelsbeziehungen mit England besonders schmerzlich war. Am 1. Januar 1811 wurde dann Hamburg als Hauptstadt des Départements des Bouches de l'Elbe Teil des französischen Kaiserreichs. Nachdem die Hansestadt im März 1813 für zwei Monate befreit worden war, konnte die französische Besatzung erst im Mai 1814 endgültig beendet werden, d.h. nach Erscheinen von »Mars und Phöbus«.
in Frankreich einging und da blieb als auf seinem Schlachtfelde, so konnte das Jus albinagii, oder zu Deutsch [!] das Droit d’aubaine eintreten, und nach dem Nachlasse des Abgeschiedenen greifen. Wenn indeß mehrere französische Generale altdeutsche Erbämter aus deutscher Sprachunkunde nicht als passive, sondern aktive Erb- oder Beerb-Aemter betrachteten und verwalteten, weshalb jetzo mancher Deutsche schon viel hat, der nichts hat, nämlich keine Schulden, geschweige Etwas – so hätte man wohl eine und die andere figürliche Entschuldigung zur Hand wen man Gebräuche der Aufnahme in die kleine Freimauerer-Loge zusammenstellte und rechtfertigte, nach welchem der Aufzunehmende sich gleichfalls von Kleidern und von edelen Metallen entblößen muss; nur, daß er alles wiederbekommt (nämlich in der Loge).«[87]
BEREND (Hg.), Jean Paul 1.14: Polit. Schriften 1933, S. 167.
Mit viel Sprachwitz, aber eindeutiger und leichter verständlich als im »Titan«, was sich aus der Funktion des Textes als politische Schrift erklären lässt, nutzt Jean Paul das Motiv des Droit d’Aubaine um die französische Besatzung anzuprangern. Dies geschieht vor einem realen Hintergrund, weil nämlich durch territoriale Inkorporation eroberter Reichsgebiete Untertanen ehemals deutscher Fürsten Franzosen geworden waren. Ihre deutschen Verwandten aus nicht besetzten Gebieten waren nun als »Fremde« dem Droit d’Aubaine unterworfen.[88]
Vgl. hierzu ausführlich, allerdings für die Zeit vor der Französischen Revolution SEELMANN, Aufhebungen 2008, Abschn. 90–91; zur besonderen Situation in Hamburg siehe RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 34.
Darüber hinaus nutzt Jean Paul das Motiv auch als Ausgangspunkt, um über das Wortspiel mit den Erbämtern auf die Ausbeutung des Landes durch die Besatzer sowie die Armut seiner Landsleute zu kommen, womit er das Droit d’Aubaine wieder mit Raub/Diebstahl gleichgesetzt. Und selbst das Kleidermotiv taucht wieder auf, allerdings diesmal in Kombination mit edlen Metallen, an denen der Fiskus wohl mehr Interesse gehabt haben dürfe als an den Kleidern. So bleibt auch in diesem Fall der Assoziationsimpuls für die Metapher »letzte Kleider/letztes Hemd« erhalten.

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Ganz realistisch und konkret behandelte der in Paris lebende und seit 1765 im Dienst des französischen Königs stehende venezianische Komödiendichter und Librettist Carlo Goldoni (1707–1793) das Thema. Im 23. Kapitel seiner zwischen 1774 und 1778 auf Französisch verfassten und 1778 in Paris erschienenen[89]
WOLFZETTEL, Künstlerautobiographie 2003, S. 124.
Autobiographie »Mémoires pour servir à l’histoire de ma vie et à celle du théâtre« erinnert Goldoni an die durch den venezianischen Botschafter Giovanni Mocenico geführten Verhandlungen mit Frankreich über die gegenseitige Aufhebung des Droit d’aubaine, die mit dem Vertrag vom 28. Februar 1774 erfolgreich abgeschlossen wurden. Er schreibt: »M. le chevalier Jean Mocenigo rendit, pendant les cours de son ambassade, un service essentiel à sa nation. Il négocia avec la cour de France l’abolition réciproque du droit d’aubaine, et il réussit.«[90]
GOLDONI, Mémoires 1822, S. 297–298.
Er fährt dann fort, dass er das Ereignis mit großer Zufriedenheit vernommen habe, wenngleich es für ihn persönlich nicht von Interesse sei, da er nichts zu vererben habe. Er freue sich aber für die Venezianer, die in Frankreich Geschäften nachgingen.

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Diese Passage ist ein seltenes Beispiel für ein literarisches Werk, in dem ein Aufhebungsvertrag des Droit d’Aubaine thematisiert wurde. Peter Sahlins, der, wie bereits oben erwähnt, die Überzeugung vertritt, dass dessen Abschaffung sich weitgehend unsichtbar vollzogen hätte, kennt die Quelle und führt sie erstaunlicherweise sogar als Beleg zur Stützung seiner These an: In der entsprechenden Fußnote schreibt er: »For example, see the memoires of Carlo Goldoni, the Venetian ambassador to France who negotiated the abolition of the droit d’aubaine in 1778[91]
SAHLINS 2004, S. 347 FN 39 nennt nicht das Jahr 1774, sondern irrtümlich das Jahr 1778.
and who mentions fleetingly his efforts […].« Hier liegt offenbar ein Missverständnis vor, denn nicht Goldoni, sondern Giovanni Mocenigo, der den Autor protegierte, war der Botschafter. Da Goldoni eben nicht der verhandelnde Diplomat war, sondern ein Künstler, insbesondere ein Künstler, der seine eigene Biografie verfasste, ist die Erwähnung des Aufhebungsabkommens keineswegs als flüchtig zu bezeichnen. Denn es ging dem Autor primär eben nicht darum, über Politik, Diplomatie und das Droit d’Aubaine zu sinnieren. Vielmehr lag es in seinem Interesse die eigene Person ins rechte Licht zu rücken. Dementsprechend erzählt Goldoni zuvor von einem Empfang beim Dogen, seinen Bekanntschaften mit Mitgliedern wichtiger Familien sowie eben auch von seiner Freundschaft zu Mocenigo, deren Bedeutung durch den diplomatischen Erfolg seines Gönners noch gesteigert wird. Und auch die anschließende positive Bewertung des Aufhebungsvertrages ist nicht funktionslos. Sie liegt ganz im ´Trend der Aufklärung und zeigt Goldoni somit als modernen Zeitgenossen.[92]
Keinesfalls soll damit jedoch bestritten werden, dass Goldoni hier auch seine Überzeugung dargelegt hat.
Zudem schafft sie eine Überleitung zum nächsten Thema, nämlich Goldonis Gastfreundschaft und gutes Verhältnis zu seinen Landsleuten. Die hier besprochene Passage war zwar offenbar das einzige Mal, dass der bekannte Komödienschreiber ein Aufhebungsabkommen in einem seiner Werke verarbeitete, aber es war nicht das einzige Mal, dass er das Droit d’Aubaine thematisierte, auch wenn er den Begriff nicht expressis verbis gebrauchte: »Il Signor Pantalone ha pensato bene di proseguire il viaggio, e di venire a Parigi sperando di ereditare i beni di suo fratello; ma il povero galantuomo ha qui scoperto, che per le Leggi del Regno, non può ereditar cosa alcuna, e si trova nelle maggiori angustie del mondo.«[93]
GOLDONI, Collezione 1790, Bd. 12, S. 147.
Das Zitat stammt aus seinem Lustspiel »L'amore paterno«, das 1763 zu Paris in italienischer Sprache uraufgeführt wurde. Ähnlich wie in Pigault-Lebruns »L’Enfant du Carnaval« baut auch hier das Stück auf dieses Motiv auf, denn die Misere, welche die Helden durchleben müssen, wurde durch das Droit d’Aubaine verursacht.

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Sowohl Pigault-Lebruns »L’Enfant du Carnaval« als auch Goldonis Werk »L'amore paterno« offenbaren denn auch ein entscheidendes Problem bei der Quellensuche, die sich ohnehin recht schwierig gestaltet, weil bisher, wenn über das Droit d’Aubaine gearbeitet wurde, nahezu ausschließlich politische, diplomatische und juristische, sprich fachspezifische Zeugnisse herangezogen wurden. Da auch von Seiten der Literaturwissenschaft das Thema nicht behandelt wurde, gilt es, eine immense Menge literarischer Quellen durchzusehen, um zu einer abschließenden Beurteilung über die Wahrnehmung des Droit d’Aubaine in der Öffentlichkeit zu kommen. Das ist teilweise durch computergestützte Recherchen in Literaturdatenbanken möglich, jedoch nur wenn nach Schlüsselbegriffen gesucht werden kann. Umschreiben Autoren den Sachverhalt wie beispielsweise Goldoni oder Pigault-Lebrun, ist ein solches Verfahren kaum möglich.

Dass sich die kritische Auseinandersetzung mit der belletristischen Literatur lohnt, um die Fragen um das Droit d’Aubaine sowie dessen Aufhebung besser zu verstehen, hat sich bereits am Beispiel der britischen Autoren Smollett und Sterne gezeigt. Denn ihre Kritik galt eben nicht nur einem Symbol des Feudalismus, sondern hatte einen realen Hintergrund, der die Differenz zwischen Rechtsanspruch und Rechtswirklichkeit sichtbar werden läßt.

Darüber hinaus wurde bei der kleinen Auswahl der hier präsentierten Werke zweierlei offenbar: Zum einen, dass das Droit d’Aubaine als literarischen Motiv höchst raffiniert eingesetzt werden konnte und entprechend phantasievoll weiterentwickelt wurde, zum anderen, dass die Öffentlichkeit an Fragen um das Droit d’Aubaine durchaus Interesse hatte und die Abschaffung nicht im Verborgenen stattfand, zumal Vertragslisten und Vertragsabschlüsse auch in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt wurden.[94]

Siehe beispielsweise O. A. (SCHLÖZER ?), Verzeichniß der Staten, in: SCHLÖZER (Hg.), Stats-Anzeigen 1785, Bd. 8, S. 293–296 oder WIENERISCHES DIARIUM 93 (1766), S. 9–11.
Dass Äußerungen an der unbeliebten Erbbeschränkung in der Literatur vorwiegend kritisch waren und nicht kontrovers diskutiert wurden, ist mit Blick auf die Autoren, deren Ideen von der Aufklärung beeinflusst waren, allzu leicht verständlich.

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ANMERKUNGEN

[*] Peter Seelmann, M.A., wissenschaftlicher Mitarbeiter am DFG-geförderten Projekt »Europäische Friedensverträge der Vormoderne - online« (Institut für Europäische Geschichte, Mainz).

[1] Das Droit d’Aubaine wurde am 6. August 1790 durch die Nationalversammlung aufgehoben. Weitere Gesetze folgten: Am 22.2.1791 wurde es als Feudalrecht abgeschafft, am 1.4.1791 bekamen alle Fremden uneingeschränktes Erbrecht zugestanden und am 13.4.1791 wurde die Aufhebung des Droit d’Aubaine auf die Kolonien ausgeweitet, vgl. MAVIDAL, Archives parlementaires 1867–1913, Bd. 17, S. 628–630, Bd. 23, S. 399, Bd. 24, 1886, S. 495 f. und Bd. 25, 1886, S. 10. SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 278–282, spricht deshalb von einer »Quadruple Abolition« des Droit d’Aubaine. Am 3.9.1791 wurde die Aufhebung des Droit d’Aubaine schließlich in der Verfassung verankert. Vgl. La Constitution du 3 Septembre 1791, Chapitre V, Titre VI. Conseil constitutionnel der Republik Frankreich, https://www.conseil-constitutionnel.fr/les-constitutions-dans-l-histoire/constitution-de-1791#titre-vi-des-rapports-de-la-nation-francaise-avec-les-nations-etrangeres-4737. 1803/04 wurde das Droit d’Aubaine in modifizierter Form unter Napoleon wieder eingeführt, bis es 1819 endgültig abgeschafft wurde. Zur Aufhebung, Wiedereinführung sowie endgültigen Aufhebung des Droit d’Aubaine siehe ausführlich SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 278–312; RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 15–40 und WELLS, Law 1995, S. 108–146.

[2] Wenngleich altes römisches Recht wie beispielsweise die Lex Falcidia, welche gleichfalls Fremden zu testieren verbot, durchaus Parallelen zum Droit d’Aubaine aufweist, dürfte es wohl weniger eine Rolle gespielt haben als germanische Rechtsvorstellungen. Hierfür spricht zumindest, dass das Droit d’Aubaine in den südlicheren Gebieten der Francia, in denen die römische Kultur stärker verwurzelt war, keine Tradition hatte und erst später, teilweise gegen massive Widerstände, sukzessive durchgesetzt werden konnte. Vgl. WELLS, Law 1995, S. 16. BERNER in: BLUNTSCHLI/ BRATER, Staats-Wörterbuch, Bd. 5, 1860, S. 86–91.

[3] Die Begriffe Droit d’Aubaine bzw. jus albinagii oder Fremdlingsrecht werden in der jüngeren Historiographie, so auch hier, meist in dieser engen Bedeutung verwendet. Siehe WELLS, Law 1995, S. 15, die explizit zwischen Droit d’Aubaine und aubain laws unterscheidet. Seltener wird der Begriff in einem weiteren, nicht immer eindeutigen Sinn gebraucht. THIEME, Rechtsstellung 1958, S. 206 u. 212, verwendet ihn sowohl in besagter engerer Bedeutung als auch als Synonym für Erbbesteuerung von Fremden allgemein und dementsprechend für das jus detractus (Abschoss, Abzug). Ähnlich ERLER, Gabella Emigrationis 1971, Sp. 1367, der unter Droit d’Aubaine alle jene Reche versteht, »die dem König in bezug auf Fremde zustehen.« Zur Terminologie sowie zu den verschiedenen Formen der Erbbesteuerung SEELMANN, Aufhebungen 2008, Abschn. 82–83.

[4] Die gabella hereditaria war eine 10- bis 50-prozentige Erbschaftssteuer, die Fremde bei der Ausfuhr von ererbtem Vermögen zu entrichten hatten. Im Zusammenhang mit ihr wird häufig die gabella emigrationis (droit d’issue, Abfahrtsgeld) genannt, eine vergleichbare Steuer, die Auswanderer auf mitgeführtes Vermögen entrichten mussten. Sie betraf allerdings Untertanen und Fremde gleichermaßen. Die Unterscheidung dieser wie auch weiterer analoger Abgaben — genannt sei hier noch die traite foraine als allgemeine Ausfuhrsteuer — ist schwierig, weil sie in frühneuzeitlichen Quellen teils undifferenziert, teils uneinheitlich mit Begriffen wie Abschoss, Abzug, Jus Detractus oder Nachsteuer bezeichnet werden.

[5] Die Ursprünge dieser Abkommen liegen in personell erteilten Einzel- oder Gruppenprivilegien in Form von Patenten oder Erlässen, sind also keine Verträge im eigentlichen Sinn. Nach und nach wich das Personalitätsprinzip einem Territorialitätsprinzip: Indem mit der Beschreibung intersouveräner Beziehungen zunehmend politische Aspekte in die betreffenden Erlasse und Patentbriefe einflossen und die Reziprozität als Voraussetzung allgemeingültige Exemtionen festgeschrieben wurde, erhielten diese Privilegien immer stärker den Charakter zwischenstaatlicher Verträge. Eine analoge, wenn auch nicht zeitlich parallele Entwicklung lässt sich auch bei Handelsverträgen feststellen, vgl. WEINDL, Europäische Handelsverträge 2008, Abschnitt 38 u 53.

[6] Der Ausbau des Diplomatiewesens seit dem 17. und 18. Jahrhunderts ging auch mit einer verbesserten und differenzierteren Vertragspraxis einher. Vgl. BELISSA, Peace treaties 2004, S. 241 u. 252. Eines der frühsten Beispiele eines solchen Aufhebungsvertragsvertrages in besagtem engerem Sinn ist jener vom 24. Januar 1702 zwischen Lothringen und Frankreich. Vgl. Konvention von Versailles über die Aufhebung des Droit d’Aubaine 1702 I 24, in: DUCHHARDT / PETERS, www.ieg-friedensvertraege.de, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 8. Dezember 2008).

[7] Vgl. MONTESQUIEU, De l’esprit des Lois 1748, Bd. 2, S. 2–3 [=Liber 20, Kap. 1 u. 2].

[8] TOUSSAINT, Aubaine, in: DIDEROT / D’ALAMBERT, Encyclopédie Bd. 1 (1751), S. 863.

[9] JAUCOURT, Étranger, in: DIDEROT / D’ALAMBERT, Encyclopédie Bd. 6 (1756), S. 71.

[10] Clément Charles François de L’Averdy war vom 14.12.1763–20.9.1768 französischer Finanzminister (Contrôleur général des finances).

[11] Étienne-François de Choiseul war vom 3.12.1758–13.10.1761 sowie vom 10.4.1766–24.12.1770 französischer Außenminister (Secrétaire d'état aux affaires étrangères). Zwischenzeitlich und teilweise parallel fungierte er zudem als Kriegsminister (1761–1770) und Marineminister (1761–1766).

[12] Eine Auflistung der Verträge und reziprok erteilten Privilegien findet sich bei SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 335–340. Zahlreiche dieser Abkommen sind online verfügbar in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de und der Base Choiseul des französichen Außenministeriums, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (beide eingesehen am 8. Dezember 2008).

[13] »Il falloit qu'il y eut eu bien peu de commerce dans les païs conquis par ces Barbares. Dans ces temps-là s'établirent les droits insensés d'aubène et de naufrage. Ces hommes pensèrent que les étrangers ne leur étant unis par aucune communication du droit civil, ils ne leur devoient, d'un côté, aucune sorte de justice, & de l'autre, aucune sorte de pitié.« MONTESQUIEU, De l’esprit des Lois 1748, Vol. 2, Liber 21, Kap. 13, S. 63–64.

[14] RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 15.

[15] Ebd., S. 25.

[16] Vgl. MABLY, Le droit public 1748, S. 227, 243, 253 und die entsprechenden Seiten in DERS., Le droit public 1761, S. 337, 354 und 364.

[17] DERS., Le droit public 1777, S. 464. Vgl. beispielsweise auch DERS., Œuvres completes 1789, Bd. 6, S. 357.

[18] SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 13–14.

[19] SAHLINS, Unnaturally French 2004. RAPPORT, Languishing Branch 2000 und WELLS, Law 1995.

[20] So geht lediglich RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 13 und 17 kommentierend auf SMOLLETT, Travels I 1766, S. 16–17 ein, während PARAVICINI, La cour 2002, S. 249, der das Droit d’Aubaine allerdings im spätmittelalterlichen Burgund untersucht, das Zitat aus STERNE, A sentimental journey 1768, S. 1–3 nicht weiter analysiert. Schließlich erwähnt noch SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 347 in der zu S. 14 gehörenden FN 39 GOLDONI, Mémoires hier zitiert nach der Ausgabe von 1822, S. 297–298.

[21] SMOLLETT, Travels 1766, Bd.  I, S. 11–13.

[22] Siehe hierzu auch KAHRL, Tobias Smollett 1968, S.111–112, BUTT / CARNALL, Mid-eighteenth century 1980, S. 254–256.

[23] SMOLLETT, Travels I 1766, S. 12. »If a foreigner dies in France, the king seizes all his effects, even though his heir should be upon the spot; and this tyranny is called the droit d'aubaine founded at first upon the supposition, that all the estate of foreigners residing in France was acquired in that kingdom, and that, therefore, it would be unjust to convey it to another country.«

[24] Ebd.

[25] Smollett war Schotte, lebte aber seit 1739 die meiste Zeit in London. Längere Reisen unternahm er nach Jamaika, Frankreich und Italien. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er aus gesundheitlichen Gründen in Livorno, wo er auf dem anglikanischen Friedhof, einem der ältesten nichtkatholischen Friedhöfe Italiens, bestattet wurde. WILPERT, Lexikon der Weltliteratur I 1988, S. 1414. Zur Frage der »nationalen« Zugehörigkeit vgl. BOWERS, Reconstituting 1997, S. 2-3.

[26] Mittelbar hatte es insofern Konsequenzen, als auch protestantische Franzosen und protestantische, naturalisierte Fremde, die aus Glaubensgründen geflüchtet waren, unter bestimmten Umständen als Ausländer angesehen wurden, bzw. Erbbeschränkungen, die dem Droit d’Aubaine ähneln, unterworfen waren. Vgl. SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 95, 173, 222–223 und WELLS, Law, 1995, S. 113–117.

[27] CASH, Laurence Sterne 1986, S. 159–168 und THOMSON, Laurence Sterne 1991, S. 323–329.

[28] SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 202.

[29] DENISART, Collection, Bd., 1766, S. 169–170.

[30] Vgl. den Handels- und Schifffahrtsvertrag von Utrecht, Frankreich, Großbritannien, 1713 IV 11, Art. 13, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de. Bestätigt wurde diese Erbreglung durch ein Edikt des französischen Königs vom 19. Juli 1739, abgedruckt in: ISAMBERT u.a., Recueil général 1830, Bd. 22, S. 124 sowie durch den Friedensvertrag von Aachen mit Frankreich, Generalstaaten, Großbritannien 1748 X 18, Art. 3 und den Friedensvertrag von Paris, Frankreich, Großbritannien, Spanien 1763 II 10, Art. 2, beide in: DUCHHARDT / PETERS, www.ieg-friedensvertraege.de, letzterer mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (alle Websites am 8. Dezember 2008 eingesehen). Siehe zudem DENISART, Collection, Bd. 1.1, 1766, S. 101 und SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 171 u. 202.

[31] Bei WELLS, Law 1995, S. 39–41 oder 105f.

[32] Zu den Abkommen zwischen Frankreich und Schottland bzw. Schweizer Eidgenossenschaft siehe BONNER, French Naturalization 1997, S. 1085–1107 und SEELMANN, Aufhebungen 2008, Abschn. 84–88.

[33] SMOLLETT, Travels I 1766, S. 12.

[34] CASH, Laurence Sterne 1986, S. 323–329.

[35] STERNE, A sentimental journey 1768. Bereits im gleichen Jahr erschien das von Johann Joachim Christoph Bode (1730–1793) übersetzte Buch unter dem Titel »Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien« und nur ein Jahr später (1769) erschien in Amsterdam die von Joseph Pierre Frénais übersetzte französische Fassung.

[36] MILIC, Sterne and Smollett’s 1956, S. 80–81.

[37] Vgl. WILPERT, Lexikon der Weltliteratur I 1988, S. 1445–1446 und RICHARDS, Era of Sensibility 2005, S. 235.

[38] STERNE, A sentimental journey 1768, S. 2–3.

[39] Siehe oben Abschnitt 6.

[40] STERNE, A sentimental journey 1768, S. 3.

[41] Vgl. den Handels- und Schifffahrtsvertrag von Utrecht, Frankreich, Großbritannien, 1713 IV 11, Art. 33, in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (eingesehen am 8. Dezember 2008).

[42] Smollett spricht von Höflichkeit und Gastfreundschaft.

[43] STERNE, A sentimental journey 1768, S. 3.

[44] Ebd. S. 4.

[45] Ebd. S. 2–3.

[46] Um hier genaue Aussagen machen zu können, müssten folgende Fragen geklärt werden: Wie viele Briten hatten Besitz in Frankreich und verstarben ohne eine »lettres de naturalisation«? Wie viele von den naturalisierten Briten hatten keine in Frankreich lebenden Verwandten? Wie viele Reisende kamen privat oder geschäftlich nach Frankreich und starben dort? – Wenngleich diese Fragen hier nicht geklärt werden können, liegt doch die Annahme nahe, dass die Zahl der vom Droit d'Aubaine Betroffenen eher gering gewesen sein dürfte.

[47] RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 17.

[48] Formulierungen wie folgende finden sich häufig in den Präambeln der Aufhebungsverträge bzw. der Lettres patentes: »Le Serenissime Grand Maitre del’Ordre Teutonique aiant fait connoitre au Roi le desir qui'il auroit que les liaisons de voisinage, commerce et bonne correspondance, qui sont entre les Sujet de la France et ceux des Etats et Terres dudit Ordre […] fussent affermies et augmentées par l’exemption réciproque du Droit d’aubaine, et Sa Majesté Très Chrétienne s’étant trouvée animée du même esprit[…].« Zitiert ist hier aus der Konvention von Brüssel über die Aufhebung des Droit d'aubaine, Deutscher Orden, Frankreich, 1774 IV 17 in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (eingesehen am 8. Dezember 2008).

[49] Sterne brach im Januar 1762 nach Frankreich auf, während Smolletts erster Roman-Brief auf den 23 Juni 1663 datiert ist. Zu den Biographischen Daten des ersteren vgl. ALTMANN, Sterne, in: BBKL 20 (2002), Sp. 1370–1432. Zum Treffen der beiden Schriftsteller siehe auch HOWES, Laurence Sterne 1995.

[50] Beendet wurde der Krieg mit dem Friedensvertrag von Paris, Frankreich, Großbritannien, Portugal, Spanien 1763 II 10 in: DUCHHARDT / PETERS (Hg.), www.ieg-friedensvertraege.de (eingesehen am 8. Dezember 2008).

[51] ALTMANN, Sterne, in: BBKL 20 (2002), Sp. 1370–1432.

[52] Vgl. SAHLINS, Unnaturally French 2004, S. 202.

[53] Vgl. oben.

[54] PIGAULT-LEBRUN, L'Enfant du carnaval 1796. In der Literatur findet sich als Herausgabejahr für die Erstausgabe gelegentlich das Jahr 1792. Vgl. beispielsweise Meyers Konversations-Lexikon, Leipzig, Bd. 13, 1888, S. 51. Allerdings konnte keine Ausgabe aus jenem Jahr nachgewiesen werden. Zudem nennt die neuere Literatur in aller Regel 1796 als Erscheinungsjahr, vgl. JONES, Rezension 1990, S. 268, LUDLOW, Pigault-Lebrun 1973, S. 368.

[55] PIGAULT-LEBRUN, L'Enfant du carnaval 1796, S. 170.

[56] Ebd. 206.

[57] Ebd. 222.

[58] Eigentl. Johann Paul Friedrich Richter. Zu den biografischen Daten siehe WITT, Paul, in: BBKL 2 (1990), Sp. 1587–1593 sowie SCHWEIKERT / SCHMIDT-BIGGEMANN / SCHWEIKERT, Chronik 1975.

[59] JEAN PAUL, Auswahl 1826, S. 228–234.

[60] Gleich im ersten Satz heißt es: »Das Ableben der Tugend ist so wenig eine Neuigkeit mehr als das des Königs in Preußen […].« Bei letzterem handelt es sich um Friedrich II., der am 17. 8.1787 starb.

[61] MEIER (Hg.), Briefe an Jean Paul I 2003, S. XIV.

[62] Im November 1784 musste Jean Paul sein Theologiestudium in Leipzig aufgeben. Er floh vor seinen Gläubigern nach Hof zu seiner Mutter, die nach dem Tod ihres Mannes (1779) und ihres Vaters (1780) selbst Schwierigkeiten hatte, sich und die jüngeren Brüder Jean Pauls zu versorgen. 1786 starb Jean Pauls Freund Adam Lorenz von Oerthel. 1787 übernahm Jean Paul eine Hofmeisterstelle auf dem Rittergut in Töpen, wodurch sich die Lage der Familie bessert. Vgl. MEIER (Hg.), Briefe an Jean Paul I 2003, S. XIII–XIV und WITT, Paul, in: BBKL 2 (1990), Sp. 1587–1593.

[63] KÖPKE, Erfolglosigkeit 1977, S. 178.

[64] Ebd.

[65] JEAN PAUL, Auswahl 1826, S. 230.

[66] Jean Paul war mit Sternes Werkes vertraut, wie vielfach festgestellt wurde und wie der Autor selbst bereits in den 1783 in den »Grönländischen Prozessen« erschienen Satiren »Über die Schriftstellerei« und »Bittschrift aller Deutscher Satiriker an das deutsche Publikum« andeutet. Vgl. KOMMERELL, Jean Paul 1966, S. 17–18 u. 275 und JEAN PAUL, Sämmtliche Werke 1843, S. 16 u. 70.

[67] Zu dieser Redewendung siehe unter dem Lemma »Hemd« in: GRIMM, Wörterbuch, Bd. 4.2, Teilbd. 10, Sp. 980–985.

[68] Vgl. RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 17.

[69] SCHÖNBERG, Anti-Titan 1994, S. 146 und Eduard BEREND in: DERS. (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. V.

[70] BEREND (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. 207–212.

[71] Der zwischen 1800 und 1803 erschienene Roman »Titan« besteht aus vier Bänden sowie dem zweibändigen Anhang mit dem Titel »Komischer Anhang zum Titan«.

[72] Vgl. hierzu ausführlich SCHÖNBERG, Anti-Titan 1994. S. 147–159.

[73] Die hier geschilderte Rahmenhandlung spiegelt deutlich Jean Pauls Auseinandersetzung mit ästhetischen Fragen wider: Im Mai 1798 erklärt er, dass der »Titan« gegen die ungleiche, einseitige Ausbildung gerichtet sei, insbesondere gegen den Künstleregoismus, dessen Ausartung Schillers Xenien belegten, (vgl. BEREND in seiner Einleitung, in: DERS (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. L). Und auch Ende des gleichen Jahres schreibt er:»Mein Titan ist und wird gegen die algemeine Zuchtlosigkeit des Säkulums gewafnet, gegen dieses irrende Umherbilden ohne ein punctum saliens – gegen jede genialische Plethora, d. i der Parzialität – gegen die ästhetische (artistische) und philosophische Trennung des Ichs von der Beschauung […]« zitiert nach BEREND (Hg.), Jean Paul 3.3: Briefe 1959, S. 129.

[74] BEREND in DERS. (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. XXVIII.

[75] Ebd. S. BEREND (Hg.), Jean Paul 1.8: Titan 1933, S. 210.

[76] Hier wohl im Sinne von geistreich. Zur damaligen Bedeutung des Wortes siehe GRIMM, Wörterbuch Bd. 14.2, Teilbd. 30 (1960), Sp. 891–903.

[77] Vgl. oben FN 56.

[78] BEREND (Hg.), Jean Paul 1.14: Polit. Schriften 1933, 153–182.

[79] Vgl. oben FN 1.

[80] Zu Jean Pauls politische Schriften BADE, Politische Schriften 1974.

[81] Obwohl »Mars und Phöbus« zahlreiche Anspielungen auf Napoleon enthält, geht BADE in ihrem Kapitel zum Verhältnis Jean Paul-Napoleon (Ebd., S. 62–73) nicht auf diese Schrift ein.

[82] BEREND, in DERS. (Hg.), Jean Paul 1.14: Polit. Schriften 1933, S. XXVII–XLVII vor allem XXXVIII.

[83] O.A.: Rezension 1814, S. 307.

[84] BEREND (Hg.), Jean Paul 1.14: Polit. Schriften 1933, S. 165.

[85] Ebd. S. 167.

[86] Hamburg wurde im November 1806 von französischen Truppen besetzt. Strategisches Ziel war die Durchsetzung der Kontinentalsperre, was für die Hansestadt aufgrund der engen Handelsbeziehungen mit England besonders schmerzlich war. Am 1. Januar 1811 wurde dann Hamburg als Hauptstadt des Départements des Bouches de l'Elbe Teil des französischen Kaiserreichs. Nachdem die Hansestadt im März 1813 für zwei Monate befreit worden war, konnte die französische Besatzung erst im Mai 1814 endgültig beendet werden, d.h. nach Erscheinen von »Mars und Phöbus«.

[87] BEREND (Hg.), Jean Paul 1.14: Polit. Schriften 1933, S. 167.

[88] Vgl. hierzu ausführlich, allerdings für die Zeit vor der Französischen Revolution SEELMANN, Aufhebungen 2008, Abschn. 90–91; zur besonderen Situation in Hamburg siehe RAPPORT, Languishing Branch 2000, S. 34.

[89] WOLFZETTEL, Künstlerautobiographie 2003, S. 124.

[90] GOLDONI, Mémoires 1822, S. 297–298.

[91] SAHLINS 2004, S. 347 FN 39 nennt nicht das Jahr 1774, sondern irrtümlich das Jahr 1778.

[92] Keinesfalls soll damit jedoch bestritten werden, dass Goldoni hier auch seine Überzeugung dargelegt hat.

[93] GOLDONI, Collezione 1790, Bd. 12, S. 147.

[94] Siehe beispielsweise O. A. (SCHLÖZER ?), Verzeichniß der Staten, in: SCHLÖZER (Hg.), Stats-Anzeigen 1785, Bd. 8, S. 293–296 oder WIENERISCHES DIARIUM 93 (1766), S. 9–11.



ZITIEREMPFEHLUNG

Seelmann, Peter , »Le gouvernement a hérité... .« - Das Droit d’Aubaine als literarisches Motiv in der Belletristik des 18. Jahrhunderts, in: Publikationsportal Europäische Friedensverträge, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte, Mainz 2008-11-18, Abschnitt 1–20.
URL: <https://www.ieg-friedensvertraege.de/publikationsportal/seelmann-peter-gouvernement-2008>.
URN: <urn:nbn:de:0159-2009041492>.

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Erstellungsdatum: 28.11.2008
Zuletzt geändert: 15.04.2009